»Hättest du dich früher informiert würdest du jetzt keine Probleme haben?« – bewusst mit Fragezeichen am Ende, denn ich stellte mir diese Frage gestern Abend selbst. Worum es geht: Um die Kofferhalter von »Heavy Duties«[1], einem Anbieter aus Rumänien. Im Portfolio des Anbieters sind sowohl Koffer wie auch Kofferträger und beides wurde in den Foren schon vor einigen Jahren gelobt. Egal ob Honda, KTM, Yamaha oder BMW, die Träger und insbesondere die Koffer wären »top«.
Wo genau liegt nun mein Problem? 24 mm sind mein Problem. Denn diese 24 mm fehlen mir an der Querverbindungsstange am Heck des Trägers.
Ein kleines Zwischenfazit gefällig? Ob ich vom Hersteller enttäuscht bin? Nun, ich habe für mein Problem ja eine Lösung gefunden (was weiter unten zu finden ist). Das der günstige Preis für den Kofferhalter auch Hinweise auf die Toleranzen der Fertigung geben kann war mir klar. Allerdings war ich aufgrund der vielen positiven, ja fast schon euphorischen Berichte zum Kofferhalter beziehungsweise -set schon mit einer gewissen Erwartungshaltung unterwegs – und bin natürlich ein wenig enttäuscht. Denn auch günstige Produkte sollten passen.
Wo liegt das Problem denn genau? Der Kofferträger für die BMW R 1150 GS in der Variante von Heavy Duties besteht aus drei Teilen: Zwei Seitenteile und ein Verbindungsstück, ich nenne es einfach mal »Querstrebe«.
Die beiden Seitenteile werden mit jeweils drei Aufnahmepunkten am Heckrahmen verschraubt. An je einem weiteren Aufnahmepunkt pro Seitenteil wird die Verbindung der Seitenteile mit der Querstrebe ebenfalls per Verschraubung gelöst und so der ganze Träger zusätzlich stabilisiert. In der Theorie jedenfalls.
Weil die beiden Seitenteile sich »saugend-schmatzend« haben montieren lassen und die Aufnahmepunkte wirklich gut gepasst haben hatte ich keine Bedenken das es irgendwelche Probleme geben könnte.
Zuvor hatte ich an der BMW übrigens den Kofferträger von Givi montiert. Wäre das Rahmenheck der BMW verzogen hätte ich es sicherlich bei diesem Kofferträger schon gemerkt – dies war aber nicht der Fall. Der Träger von Givi hat 100%ig gepasst – auch die Querstrebe (welche bei dem Modell von Givi nur gesteckt und nicht verschraubt wird).
Auf dem Bild oben ist die Querstrebe an der rechten Seite verschraubt und hängt daher links noch herunter. Wenn man die Strebe in die Horizontale bringt und dann die Verschraubung an der linken Seite vornehmen will sieht es leider so aus:
Zwischen der Lochmitte der Aufnahme des linken Seitenteils und der Lochmitte der Querstrebe fehlen mal eben 24 mm.
Die gleichen Foren, in denen ich zuvor nur lobende Worte für die Produkte von Heavy Duties gelesen hatte, hatten nun auch kritische Beiträge. Bei einem Käufer passten die Löcher in einer Aufnahme nicht zu den Haltepunkten am Rahmen. Bei einem anderen gab es – wie bei mir – ein Problem mit der Querstrebe. Bei ihm ging es aber »nur« um etwa 10 mm und er hat kurzerhand den Träger per Spanngurt zusammengezogen und die Verschraubung vorgenommen.
Warum ich die Lösung für die 24 mm Abstand bei meinem Modell nicht umsetze ist weiter unten hier auf der Seite nachzulesen.
Nach der Montage der beiden Seitenteile und dem Problem mit der Querverbindung habe ich natürlich auch den Hersteller angeschrieben. Die Antwort liest sich freundlich und aber auch so, dass von der Seite des Herstellers kein Fehler vorliegen würde.
Ich habe den Abstand der Löcher auf der Querstrebe abgemessen. Laut Hersteller hat dieser 418 mm zu betragen mit einer Toleranz von ±3 mm. Der Abstand bei meiner Querstrebe beträgt exakt 415 mm.
Jemand aus einem BMW-Forum konnte für die Querstrebe bei seiner R 1150 GS 420 mm Lochabstand messen. Wäre genauso in der vom Hersteller genannten Toleranz, aber trotzdem wäre bei mir eine Differenz von 19 mm zwischen den beiden Löchern vorhanden.
Lösungsvorschlag vom Hersteller: Ich solle die Schrauben an allen Aufnahmepunkten des Rahmenhecks der BMW lösen. Anschließend sollte ich die Querstrebe einsetzen und nach und nach alle Schrauben festziehen.
Ich sehe darin keine große Aussicht auf Erfolg. Was vielmehr wohl passieren würde: Ich würde eben mit aller Gewalt die Schrauben irgendwann angezogen haben und dann hat sich entweder der Kofferträger verzogen oder aber das Rahmenheck. Denn 24 mm Differenz lassen sich ja nicht einfach so »mit nacheinander angezogenen Schrauben wegdrehen«.
Statt den Kofferträger unter (massiver) Spannung mit dem Rahmenheck zu verschrauben habe ich mich entschlossen die Querstrebe mit einem passenden Teil zu ersetzen. Meine Wahl: Flachstahl, 3 mm Materialstärke, 25 mm breit und die Länge an die Situation an meiner BMW R 1150 GS angepasst gewählt.
Der Flachstahl hat eine Länge von 465 mm erhalten, die Bohrungen werden zueinander einen Abstand von 440 mm haben und so kann ich die beiden Seitenteile ohne Spannung miteinander verbinden.
Wäre das Rohr länger gewesen und es hätte sich nur um 10 mm gehandelt (wie im Beispiel aus dem Forum) hätte man sich meiner Meinung nach auch mit einer Rundfeile und zu Langlöchern erweiterte Löcher in Querstrebe und an den Aufnahmepunkten durchringen können.
Langlöcher fielen als Option bei mir aus – dafür war die Querstrebe nicht lang genug.
Der Aufwand ist überschaubar und schnell abgearbeitet. Ausmessen, anzeichnen, ankörnen und dann mit einem 8,5 mm Bohrer die Löcher in den Flachstahl bohren. Fertig. Zumindest »zur Anprobe« bereit.
Wenig überraschend da zwei Mal gemessen und erst dann zusägen lassen beziehungsweise die Löcher gesetzt: Es passt!
Die beiden Seitenteile des Trägers sind spannungsfrei über den Flachstahl miteinander verbunden.
Die Auflagefläche ist so wie bei der mitgelieferten Querstrebe, genau genommen ist sogar noch mal ein klein wenig mehr Material vorhanden.
Das »Plus« an Material kann dann morgen tagsüber ein wenig der Feile zum Opfer fallen, schließlich soll der Flachstahl keinen Grat mehr aufweisen. Zudem sollen die »Ecken runder werden«.
Zum Vergleich noch eine Aufnahme auf welchem man die originale Strebe (auf dem Bild von mir mit der Hand gehalten) unterhalb vom montierten Flachstahl zu sehen ist.
An der linken Seite sieht man die fehlenden 24 mm bei der mitgelieferten Querstrebe sehr deutlich.
Natürlich wäre eine runde Strebe deutlich schicker als der Flachstahl. Andererseits: Wer schaut sich mein Motorrad da genauer an? Vermutlich niemand. Und während der Fahrt sehe ich die Querstrebe nicht.
Zwischen Kennzeichenhalter beziehungsweise Spritzschutz und dem Flachstahl ist genügend Abstand. Die Bauteile kommen sich also nicht ins Gehege.
Natürlich kann das Kennzeichen bei der einen oder anderen Bodenwelle oder auf Kopfsteinpflaster aufgrund vom Gewicht den Spritzschutz mal gegen den Flachstahl prallen lassen. Aber das kann der sicherlich ab.
Sollte sich Farbabrieb einstellen wird da eben ein kleiner Schutz montiert. Das wäre bei der originalen, runden Querstrebe auch nicht anders.
»Man könnte den Träger auch einfach mit einem Spanngurt zusammenziehen, die Schrauben durch die Löcher stecken und festziehen. Dann wäre das Problem auch gelöst!«
»Ja« – und »Nein«. Warum »Nein«? Weil das bei ein paar wenigen Millimetern wirklich die nicht nur pragmatische sondern auch praktische Lösung wäre. Allerdings geht es bei meinem Problem ja um 24 mm Abstand, also müssen die beiden Seitenteile jeweils um 12 mm zueinander hingezogen werden.
Ich wollte es einfach mal ausprobieren um zu überprüfen ob sich beziehungsweise wie sich der Träger bei dem Versuch verzieht. Wie nicht anders zu erwarten geht es mit einem breiten Spanngurt und einer entsprechend dimensionierten Mechanik zum Spannen sehr problemlos.
Das flaue Gefühl im Magen bleibt: 24 mm mal eben »zusammenziehen« – das kann nicht gut sein.
Daher habe ich nach dem »Probezusammenziehen« die Querstrebe mit ihren 415 mm Lochabstand nur kurz montiert gelassen. Nach dem Foto kam der Spanngurt wieder ran und ich habe die Stange wieder abgebaut.
Kaum war der Spanngurt wieder demontiert ging der Kofferträger zurück in seine Ausgangsposition: 440 mm Lochabstand zwischen den Aufnahmen an den beiden Trägerteilen.
Wer den Gedanken hatte »einmal richtig zusammenziehen, dann hält das schon« liegt also verkehrt. Wie sich die zusammengezogene Konstruktion langfristig verhalten hätte? Rechts und links noch die Alukoffer mit Gepäck dran? Da wäre dann eventuell mal irgendwo durch Vibrationen neben einer Schweißnaht vielleicht das Material gerissen. Vermutlich auf der Autobahn und die lose Strebe hätte mal kurz viel Spaß mit dem sich drehenden Hinterrad gehabt.
Nein, das möchte ich nicht ausprobieren – und ich wünsche auch niemandem eine solche Erfahrung.
»0815« ← das wäre die Schreibeweise vom heutigen Datum in den englischsprachigen Ländern. 0815 leitet sich von einer Norm ab... Und trotzdem wissen wir (oder werden daran erinnert) das manches eben »passend gemacht werden will«.
Morgen geht es hoffentlich problemlos mit der Montage der Alukoffer weiter.
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Datum: | 15.08.2019 |
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Kommentare
Silencer | https://silencer137.com
schrieb am 16.08.19 um 09:31 Uhr:
Kofferträger unter Spannung, das will man nun wirklich nicht. Deine Lösung ist stabil und elegant, lediglich wenn Dich ein Auto von hinten erwischt wird der evtl. Flachstahl schneller wegknicken als ein Rohr. Aber dann hast Du ohnehin andere Probleme...
X_FISH | https://www.600ccm.info
schrieb am 16.08.19 um 09:41 Uhr:
Ich hoffe mal das ich zum Crashverhalten kein Review schreiben muss. Heute steht die Montage der Därr Boxen samt Verstärkungen an. Mal sehen was da noch für Tücken lauern.