Nach der gestern beschriebenen Umrüstung der originalen Bremsleitungen aus Gummi von Yamaha auf auf Stahlflexleitungen von Melvin an der Front[1] ist heute nun die Leitung für die Bremse am Heck dran.
Wie gestern schon näher ausgeführt war das Alter der Bremsleitungen an meiner XJ 600 S – wie auch das Alter der Bremsflüssigkeit – unbekannt. Wie alt die Bremsflüssigkeit hinten jedoch scheinbar war, musste ich heute mit Entsetzen feststellen. Wenn bräunliche Verfärbungen schon zum dringenden Wechsel ermahnen, was ist dann mit fast schon schwarzer Bremsflüssigkeit?
Ich befürchte die Bremsflüssigkeit hinten wurde zuletzt bei einem Kundendienst bei Yamaha gewechselt – vor etlichen Jahren. Anlass zu dieser Vermutung: Als ich letztes Jahr die Verkleidung zum ersten Mal abgenommen habe, musste ich auch die Gepäckbrücke abnehmen. Die sah aber so aus als sei sie am Motorrad montiert lackiert worden. Wie lange die Schrauben tatsächlich nicht mehr geöffnet wurden ist mir daher unbekannt.
Ohne abgenommene Gepäckbrücke lässt sich aber die Seitenverkleidung nicht abnehmen. Die Seitenverkleidung muss jedoch demontiert werden[2], da man ansonsten nicht an den Ausgleichsbehälter rankommt.
Nachdem die Seitenverkleidung demontiert ist, liegt der Ausgleichsbehälter für die hintere Bremse der Yamaha XJ 600 S frei. Der Behälter befindet sich in etwa auf Höhe der Halterung für die »Nase« der Seitenverkleidung. Für die Befüllung des Behälters ist kein Trichter notwendig, eine ruhige Hand genügt.
Jedoch soll es zunächst um das Entleeren der kompletten Bremsanlage am Heck der XJ 600 S gehen. Andere Motorräder haben teilweise mehrere Bremsleitungen, welche bis zur eigentlichen Bremse am Heck durchgeführt werden. Im Falle der XJ 600 S handelt es sich um eine einzelne Leitung, was den Wechsel deutlich vereinfacht.
Nachdem die Verkleidung abgenommen wurde, liegt der Ausgleichsbehälter frei. Wieso den Yamaha so versteckt damit auch schon die regelmäßige Kontrolle zur einige Minuten andauernden Schrauborgie ausartet? Das muss dann wohl mal bei Yamaha direkt nachgefragt werden.
Die Bremsleitung verläuft parallel zur Schwinge und ist etwa in der Mitte mit einer Klemmbefestigung versehen. Die beiden Bilder zeigen die Anschlüsse der Leitung an Bremspumpe und Bremssattel.
Der Ausgleichsbehälter ist mit einem Schraubverschluss aus Kunststoff abgedeckt. Dieser kann ohne weiteres Werkzeug einfach mit der Hand geöffnet werden.
Im Inneren des Ausgleichsbehälters befindet sich das sogenannte Diaphragma, die Gummiabdeckung für die Bremsflüssigkeit. Wie auf dem Bild unten links zu sehen ist, ist der Einsatz zweiteilig. Er besteht aus einem Ring beziehungsweise Rohr und dem eigentlichen Diaphragma.
Einfach beide Teile herausnehmen und dort ablegen, wo die aggressive Bremsflüssigkeit keinen Schaden anrichten kann.
Der Schock: Was da als Bremsflüssigkeit im Behälter war, war sicherlich schon sehr, sehr lange nicht mehr gewechselt worden. In Internetforen hatte ich wegen der Farbe den Hinweis gefunden »hinten nicht verrückt machen lassen. Der schwarze Einsatz lässt die Bremsflüssigkeit immer dunkel erscheinen, einfach daran orientieren wie sie vorne am Lenker aussieht«.
Tja... Das mag zutreffen wenn man weiß das man beide Flüssigkeiten am gleichen Tag gewechselt hat. Jedenfalls war die Brühe in der hinteren Bremsanlage meiner XJ 600 S offensichtlich schon längst fällig gewesen.
Was ich absaugen konnte, sieht man am Auffängbehälter: Die Bremsflüssigkeit ist nicht mehr braun, sondern sieht eher wie Altöl aus. Aus diesem Grund habe ich den leeren Ausgleichsbehälter und die gesamte Bremsanlage auch noch einmal mit frischer Bremsflüssigkeit durchgespült.
Anschließend konnte die alte Bremsleitung ausgebaut werden. Mit dem 13er Ringschlüssel wird die Hohlschraube entfernt, danach ein bereits vorbereitetes Stück Papier durch das Fitting gezogen um ein Austropfen von Bremsflüssigkeit zu verhindern.
Die Bremsleitung wird nur an einem Punkt zusätzlich fixiert. Die Leitung kann einfach mit der Hand aus der Führung herausgedrückt werden. Wenn die hintere Hohlschraube ebenfalls entfernt wurde, kann die Bremsleitung einfach abgenommen werden.
Die Montage der neuen Bremsleitung erfolgt ebenso einfach: Leitung richtig anlegen (Fitting mit Kröpfung hinten am Bremssattel) und mit den neuen Dichtringen und Hohlschrauben und dem 14er Ringschlüssel – falls man eine Hohlschraube von Melvin verwendet – anziehen.
Auf dem Bild rechts oben ist der Unterschied zwischen der alten und der neuen Bremsflüssigkeit gut zu sehen. Obwohl die DOT4 Bremsflüssigkeit von »Procycle«[3] bereits frisch relativ dunkel ist, ist das was im Auffangbehälter zu sehen ist jensaits von Gut und Böse...
Wie gestern schon beschrieben kann man von der alten Bremsleitung die Halterung der Bremsleitung für die sichere und scheuerfreie Lagerung der neuen Stahlflexbremsleitung verwenden.
Einfach an einer der beiden Nahtstellen den Gummi aufschneiden und an der Stahlflexbremsleitung beispielsweise mit einem UV-resistenten Kabelbinder provisorisch fixieren. Beim Verlegen der Leitung wird dann die Gummihalterung an der vorgesehenen Stelle wieder befestigt.
Natürlich könnte man auch den Umfang der Stahlflexbremsleitung mit Klebeband oder Ähnlichem so weit erhöhen, dass die Gummihalterung wieder stramm sitzt.
Mit zwei Kabelbindern versehen, hält die Gummihalterung aber auch so schon sehr gut.
Abschließend noch ein Blick auf die wenig vertrauenserweckende Bremsflüssigkeit in einem Marmeladenglas. Die alte Bremsflüssigkeit darf auf keinen Fall zusammen mit Altöl entsorgt werden. Sie ist separat dem Recycling zuzuführen – was unter Umständen kompliziert werden kann.
Ohne Quittung nimmt der Verkäufer eventuell die Flüssigkeit nicht zurück. Recyclingstellen von Städten und Kreisen nehmen sich häufig auch nicht an, nur speziell dafür eingerichtete Stellen nehmen auch Bremsflüssigkeit an.
Alternativ kann man auch bei einer Werkstatt anfragen ob sie dort die Flüssigkeit der sogenannten »sachgerechten Entsorgung« zuführen können.
Die Hohlschrauben müssen übrigens nicht unbedingt getauscht werden. Die Dichtringe aber in jedem Fall. Ich habe mir für neue Schrauben entschieden, da die 17 Jahre alten Exemplare an meiner XJ auch optisch den Eindruck für eine notwendige Erneuerung erweckt haben.
Wer für seine XJ 600 die Leitungen und Schrauben bei Melvin bestellen möchte, wird im Onlineshop[4] fündig.
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Datum: | 30.04.2012 |
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