Na, auch genug davon alle paar hundert Kilometer mit der Sprühdose hantieren zu müssen? Bei jeder längeren Regenfahrt ein schlechtes Gewissen gegenüber der Kette? Oder einfach gerade sonst nichts mehr zum Schrauben und Putzen am Motorrad weil schon alles den Wünschen entspricht?
Sofern die Maschine nicht vom Hersteller in weiser Voraussicht mit Kardan ausgestattet vom Band gehüpft ist gibt es da was: Den Scottoiler[1]! Beliebt und bewährt seit über 20 Jahren – laut dessen Hersteller. Manche Forenmeldungen besagen anderes.
Ja, es wird schon deutlich: Wer hier nun einen ernsthaften und in kurzen Worten gehaltenen Anbaubericht erwartet, der wird hier erst einmal enttäuscht. Erst in etwa zwei Wochen kann ich den Anbau an meinem Motorrad vermutlich abschließen. Dazwischen bin ich berufsbedingt wieder einige 100 Kilometer von meiner XJ 600 S getrennt und aktuell fehlt noch ein Bauteil. Ein wirklich winziges Bauteil. Später mehr dazu.
Was ist überhaupt ein Scottoiler? Scottoiler ist die Markenbezeichnung für eine Reihe von Kettenölern eines Herstellers. Die einfachste und wie bereits erwähnt schon seit inzwischen 20 Jahren bewährte und immer wieder verbesserte Variante[2] wird über Unterdruck angesteuert.
Wer mehr Geld übrig hat und/oder nichts an den Unterdruckanschlüssen des Motors basteln will kann zu einer elektronisch geregelten Variante greifen. Diese kostet allerdings auch gleich einige Taler mehr. Bei einer den Schotten – Achtung, dies war ein Wortspiel mit Bezug zum Herstellungsort – nachgesagten Sparsamkeit greift man dann doch lieber zum per unterdruckgesteuerten Modell. Insbesondere wenn man obendrein auch noch ein Schwabe ist.
Das »25-teilige Universal Kit« der »Louis Special Edition«[3] – man beachte die beiden offensichtlich unvermeidlichen Anglizismen – wird mal für 80, mal für 100 Euro angeboten. Ich habe einen noch immer originalverpackten Scottoiler in eben dieser Version für 70 Euro inklusive Versand bei einem bekannten Onlineauktionshaus abgreifen können.
Was ist bei der »Louis Special Edition« nun anders? Was auf den ersten Blick auffällt: Statt 250ml Öl liegen nur 125 ml Öl für den Scottoiler bei. Natürlich ist auch vielfach das Logo von »Louis« auf Verpackung und den beigefügten Blättern zu finden.
Eine Flasche originales Scottoiler Öl mit 500 ml Inhalt kostet übrigens etwa 13 Euro. Also sind es beim Öl nur etwa 4 Euro unterschied zwischen der im Umfang größeren Version und der »Louis Special Edition«.
Da fällt es schon beinahe nicht mehr auf das auch andere Teile wie etwa Halterungen bei der etwa 140 Euro teureren Variante namens »Scottoiler V-System 2012[4]« üppiger vorhanden sind. Aber: Auch die im Umfang reduzierte Version des Scottoiler hat (fast) alles zu bieten damit der Anbau einfach und schnell erledigt werden kann... Eigentlich jedenfalls... Ja, ich spiele hier schon wieder auf das kleine Teil an, welches mir fehlt und daher den Abschluss der Montage unmöglich macht.
Ein Blick in die Schachtel und auf den beigelegten »Packzettel« und ich weiß bescheid: »Jackie« hat alles richtig gemacht. Kein Teil zu wenig oder zu viel. Alles in bester Ordnung. Zumindest was es den von Scottoiler für die »Special Edition« vorgesehenen Lieferumfang betrifft.
Also ein beherzter Griff zum RMV, dem »Reservoir mit Ventil« und nach natürlich schon Tage im Voraus erfolgtem Studium diverser Einbaubeispiele weiß ich auf was ich achten muss. Das RMV muss möglichst vertikal verbaut werden. Das am Boden mittig angebrachte Ventil hat sonst nicht wirklich viel zu tun wenn das RMV zur Hälfte geleert wurde – außer Luft in die Leitung zu lassen.
Trotzdem überwiegen Bilder wie die von mir nachgestellten für die »beliebteste Einbauposition an der Yamaha XJ 600 S/N«:
Zwar bietet sich die Position wirklich gut an um mit den beigefügten Montageringen das RMV dort zu montieren. Einfach mit einem 6er Bohrer kurz durch den Spritzschutz, schon kann die Halterung sicher und fest montiert werden.
Ungünstig allerdings: Das RMV ist nicht »möglichst vertikal« sondern eher »perfekt horizontal« gelagert. Kontraproduktiv für die spätere Anwendung. Also lassen wir das mal schön bleiben.
Ebenfalls beliebt: Die »Versteckt und ölig«-Position zwischen den beiden Rohren des Rahmens. Nicht nur das auch hier wieder die vertikale Position gewählt wird, auch Kontrolle und Nachfüllen werden ungemein kreativ gestaltet da man die Öffnung des RMV ein wenig versteckt anbringt.
Hätte man nun auch noch einen schwarzen Rahmen, eine schwarze Verkleidung und das schicke in Rauchglasoptik gehaltene RMV der teuren V-Version: Den Ölstand könnte man wohl nur noch schätzen. Außer es gibt bald von Scottoiler im Zubehör die RMV-LED-Innenbeleuchtung. Na, das wäre doch mal ein Verbesserungsvorschlag.
Schon besser gefällt mir persönlich die Variante, welche ich leider nur auf unscharfen Bildern mit anderen Motorrädern gefunden habe. Ich nenne sie einfach mal die »45°-Variante«. Das RMV wird einfach am Spritzschutz montiert – in einem Winkel von 45°.
Leider bei der XJ 600 S/N wie abgebildet nicht möglich, denn die Sitzbank braucht auch noch Platz. Also bleibt hier nur die Variante mit dem Verlagern vom Bordwerkzeug. Statt diesem befindet sich dann eben der möglichst vertikal ausgerichtete Scottoiler in der Niesche zwischen Rahmen und Spritzschutz.
Ein Holzbohrer mit 4 mm Durchmesser, eine Feile und ein paar Minuten später ist das kleine Loch so groß, dass die Halterung mit Gewinde durch das Loch geschoben werden kann.
Völlig unspektakulär und langweilig. Aber immerhin: Schon mal ein Loch gebohrt. Es führt also (fast) kein Weg mehr zurück. Der Scottoiler muss nun verbaut werden.
Nachdem das RMV nun also seinen Platz gefunden hat: Eine Etage tiefer. Hier darf man sich nun die Finger mal so richtig einsauen und das Gemisch aus Kettenspray, Dreck der Straße, Bremsstaub und was es sonst noch so gibt großflächig verteilen.
Doch halt, man kann den Scottoiler auch einfach an der Schwinge mit Kabelbindern befestigen? Na, dann schauen wir mal. Eine Befestigung mit der Halterung aus Metall wäre mir persönlich ja lieber. Aber nachdem andere die Kabelbindervariante so gelobt haben...
Wie nicht anders erwartet begrüßt mich der Siff von einigen 1'000 Kilometern. Meine XJ 600 S ist schließlich ein Fahrzeug und kein Putzzeug. Die letzte Fahrt durch Regen hat den Schmutz höchstens gleichmäßig verteilt, ihn aber nicht weggespült.
Also her mit dem Lappen und die Schwinge erst einmal von dem oben bereits differenziert aufgezählten Dreck befreit. Siehe da: Die kann ja sogar glänzen.
Ein Bisschen am Draht biegen, die Halterung grob an die Schwinge gehalten... Ja, das könnte ja beinahe was werden. Blöd nur das die Schwinge nicht überall gleich dick ist sondern zur Achse hin immer ein wenig schlanker wird.
Da müsste ich wohl den Kabelbinder recht stramm anziehen – oder doch auch etwas vom beigefügten Sekundenkleber verwenden? Aber bei dem Alter der XJ und meinem Glück hält der Sekundenkleber dann nur auf dem Lack, der Lack aber nicht mehr auf der Schwinge?
Außerdem finde ich die Lösung mit dem relativ weit »unbeaufsichtigt mitschwingenden« Schlauch nicht wirklich prickelnd. Das im Lieferumfang enthaltene, omnipotente Halteblech macht da einen irgendwie seriöseren Eindruck auf mich. Also Taschenmesserklinge in die Arretierung vom Kabelbinder, Kabelbinder wieder öffnen und den Schlauch abbauen.
Also Splint raus, Kronenmutter runter und rauf mit dem Halteblech. So ist mir das gleich deutlich sympathischer. Jetzt noch schnell ausprobieren ob das mit dem Schlauch so klappt wie ich es bei einem anderen Kettenöler schon gesehen habe... Hey, wunderbar: Ich verlege den Schlauch durch den Kettenschutz, da ist genügend Platz zwischen Kette und Ölschlauch des Scottoilers vorhanden.
Also schnell den Kettenschutz abbauen. Nun ja... »Schnell« wurde schnell ausgebremst. Denn wenn da eine Kreuzschlitzschraube mit 17 Jahre gesammeltem Gammel den Kettenschutz gleich an zwei Punkten in Position hält, dann ist das alles andere als Ingenieurskunst.
Was haben sich damals die Entwickler bei Yamaha eigentlich gedacht? War anno 1994 Sechskant teurer als Kreuzschlitz? Haben sie irngedwo mal zu viel von den Kreuzschlitzschrauben bestellt und jetzt haben sie wo es nur ging eben diese Kreuzschlitzschrauben verbaut?
Und die wohl wichtigste Frage: Wer zur Hölle montiert mit Kreuzschlitz einen Kettenschutz wenn man anschließend nicht mehr an die Schraube kommt – außer man baut den Auspuff ab?
Selbst nachdem sie einige Zeit mit Rostlöser eingeweicht war und ich mit einem Bit und einem Gelenk mein Glück versucht hatte: Es blieb alles ohne Erfolg. Die einzige Lösung war dann der zielstrebige Griff zum Blatt einer Eisensäge und zu etwas Klebeband, mit dem ein Ende in der Breite einer Handfläche das Blatt abgeklebt wurde – als Griff.
Einige von einigen Flüchen untermalte Minuten später: Das war's dann vorerst für die Schraube... Na ja... Nicht ganz. Der Kopf war weg, der Kettenschutz daher demontiert.
Anschließend musste den Rest der Schraube mit einer Feile »eckig« gefeilt werden damit der Rest anschließend mit einer Zange – und weiteren Flüchen – aus dem Gewinde gedreht werden konnte. Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen und nur mühsam bis extrem zäh ließ sich der Schrauberest anfangs drehen.
Immerhin: Abgefallen wäre der Kettenschutz sicherlich nicht. Er war ja extrem gut befestigt. Durch Vibrationen an der Schwinge hätte sie sich jedenfalls nicht gelöst...
Die Schraube flog im hohen Bogen in die Mülltonne. Anschließend ein Griff in den Pappkartun und schon hatte ich die Scottoilerölleitung mit dem Injektor in die Hand. Das Ende, welches zum Kettenrad hin verbaut wird, besteht eigentlich aus vier Teilen. Das kurze, schwarze Stück ist der sogenannte »Injektor«. Dieser wird in den transparenten Schlauch gesteckt, welches das Öl vom RMV zur Kette transportiert.
Damit sich der Schlauch besser positionieren lässt, ist ein kurzes Stück Draht in ihm. Den Draht kann man auf dem Bild unten links sehr gut erkennen, oben rechts wird er gerade entsprechend dem gewünschten Verlauf der Leitung verlegt.
Ummantelt wird das Ganze von einem schwarzen Kunststoffschlauch. Dieser ist relativ störrisch und schützt die flexible Leitung vor Beschädigungen und Schmutz.
Bei früheren Modellen war noch ein kleiner, weißer Einsatz vor dem Injektor in der Leitung. Diesen »Durchflussbegrenzer« kann man noch immer als Ersatzteil kaufen, im Lieferumfang ist er schon seit mehreren Jahren nicht mehr enthalten. Das im RMV enthaltene Ventil wurde im Laufe der Zeit auch immer weiterentwickelt, vermutlich ist daher der Durchflussbegrenzer ersatzlos entfallen?
Der Injektor ist übrigens aus dem gleichen Material wie die Unterdruckleitung des Scottoiler. Wie man auf dem Bild sehen kann wurde einfach nur das eine Ende mit einer Flamme erwärmt. Dabei zieht sich das Material zusammen und der Durchmesser erhöht sich. So verändert hält es sicher und fest im transparenten Schlauch des Scottoilers.
Sollte der Injektor verlorengehen oder beschädigt werden, kann man die Leitung so einfach und unkompliziert zum Injektor »einschmelzen«.
Damit vor lauter flexibler Kunststoffschläuchen der Beitrag nicht allzusehr verweichlicht zwischendurch noch einmal ein Bild mit hartem, unflexiblem Metall. Rechts die verbliebene, 17 Jahre alte Schraube vom Kettenschutz und rechts die beiden Schrauben, welche von nun an den Kettenschutz meiner XJ 600 S festhalten dürfen.
Sechskant, Federring, Unterlegschraube. So muss das aussehen! Und kein Kreuzschlitzgeraffel!
Nun aber weiter – und zwar mit der alternativen Schlauchverlegung an meiner XJ 600 S. Am Kettenrad sind zwischen Kette und Schlauch im Spritzschutz gut zwei Finger Abstand. Wenn die Kette tatsächlich einmal so locker sein sollte das sie den Ölschlauch vom Scottoiler berührt, habe ich schon ganz andere Probleme. Denn dann wäre sie sicherlich schon vom Ritzel oder vom Kettenrad abgerutscht.
Für die Befestigung am Kettenschutz in der Nähe des Motors genügt ein einfacher Kabelbinder. Zuvor noch zwei Löcher mit 4 mm Durchmesser in den Kettenschutz, schon ist die Führung und Halterung des Schlauchs kein Thema mehr.
Sollte sich wider Erwarten im Laufe der Zeit tatsächlich der Schlauch ein wenig lockern kann ich noch immer die beigelegte Halterung verwenden.
Steht man einige Meter von der Maschine entfernt ist der Schlauch beinahe nicht mehr zu erkennen. Nur wenn man weiß wo man hinschauen muss, fällt der Schlauch auf. Ein Vorteil von dieser Verlegung: Wer den Schlauch gut versteckt hinter Rahmenrohren verlegt kann nur schwer kontrollieren ob dieser auch wirklich vollständig entlüftet ist.
Der Schlauch selbst ist beim Hersteller großzügig bemessen worden. Theoretisch könnte man das RMV wohl auch beim Rücklicht oder wie tatsächlich von Scottoiler auch vorgeschlagen hinter dem Kennzeichen platzieren.
Jetzt einfach die Leitung passend zuschneiden, das Ende auf das RMV stecken und dies dann in die Halterung stecken.
Das Bild rechts zeigt übrigens wie es von unten im Spritzschutz aussieht. Da kaum Belastung auf der Verbindung ist, wird da sicherlich auch nichts reißen. Dank der selbstsichernden Mutter wird sich auch das RMV beziehungsweise dessen Halterung nicht losvibrieren.
So, und jetzt fehlt eigentlich nur noch eine Leitung vor zum Unterdruckanschluss und schon könnte man das RMV mit Öl befüllen, entlüften und ans Einstellen des Scottoilers gehen. Eigentlich – denn blöderweise liegt nur ein Anschluss mit M5-Gewinde der »Louis Special Edition« bei.
Ein Anruf bei Rock Oil, schon wird einem der Anschluss mit M6-Gewinde kostenfrei zugeschickt. Blöderweise per Warensendung, welche in der Regel länger braucht als ein normaler Brief.
Da ich bis zum Eintreffen des Anschlusses aber wohl schon wieder ein paar 100 Kilometer entfernt beim Arbeiten bin, bleibt die XJ 600 S erst einmal so wie sie ist stehen.
Das letzte Bild auf der Seite zeigt jene Schraube, welche entfernt werden muss... Ja, schon wieder ein Kopf mit Kreuzschlitz. War ja klar, oder?
Auch hier versagte der gute Snap-On-Schraubendreher. Nur mit Hammer und Meißel ließ sich die Schraube lösen. Also ist alles vorbereitet für den großen Tag wenn die Warensendung mit dem kleinen Anschluss eintrifft..
»Aber den Anschluss bekommst du doch sicherlich auch woanders, oder?« – vielleicht. Bei Polo und Louis schon mal nicht. Bei Hein Gericke habe ich es daher gar nicht mehr probiert. Online wurde ich aber fündig. Für schlappe 8,91 Euro zuzüglich Versandkosten kann man ihn sich tatsächlich bestellen[5]. Schneller da wäre er vermutlich trotzdem nicht. Also: Abwarten bis der Brief mit dem M6-Anschluss eintrifft und derweil mit dem PKW fahren.
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Datum: | 05.06.2012 |
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