Dinge die ich nicht kann. Heute: Schrauben aufmachen und Schweißen. Blöd wenn beides zusammenkommt. Gut wenn man aber jemanden kennt, der einem zur Hand gehen kann. Aber zurück auf Anfang, der heutige Berich ist der Beitrag zum zweiten (Arbeits)Tag der Aktion »einen Slip-On-Endschalldämpfer kann jeder in wenigen Minuten tauschen«. Wirklich jeder kann das. Außer mir. Weil ich gebrauchtes Zeug kaufe.
The story so far: Ich habe erfolgreich einen gebrauchten Remus Genesis für meine BMW R 1150 GS gekauft. Der war total günstig weil er schon mal Spannungsrisse hatte, welche jedoch noch beim (einem der) Vorbesitzer geschweißt wurden. Der Vorbesitzer ist ihn seinen Angaben nach rund 40'000 km auf einer R 1150 GS gefahren und danach ging er in mein Eigentum über.
Beim ersten »Probemontieren« habe ich festgestellt, dass der Remus an der verchromten Blende vom Ausgang des »Brotkastens« anstößt. Aber das lässt sich ja leicht beheben, schließlich kann man die Halterung verschieben. Man muss nur die beiden Schrauben aufmachen...
Ersatzteile für die Montage habe ich bereits gekauft und darüber berichtet[1]
Was man mit der Zeit lernt beziehungsweise gesagt bekommt: Bei Edelstahl immer Kupferpaste oder Keramikpaste auf die Gewinde tun. Großzügig schadet dabei nicht, den Rest einfach wieder abwischen – das Zeug kostet ja nicht wirklich viel.
Warum? Wenn man eine Edelstahlschraube in ein Edelstahlgewinde schraubt (egal ob Mutter oder eben ein Werkstück aus Edelstahl) kann sie »fressen«. Also genauer gesagt »frisst« das Gewinde, also sind beide Teile betroffen.
Es kann vorkommen, dass Gewinde in Edelstahl sich »kalt verschweißen«. Auch schon wenn sie große Last verschraubt werden, also lange bevor die Schraube (oder Mutter) an der Kontaktfläche angekommen ist. Wenn Gewindegang von Schraube und Gegenstück »schön sauber« sind, tritt viel Reibung auf. Dann »frisst« das Gewinde.
Beim »Fressen« bilden sich auf winziger (atomarer?) Ebene Verbindungen zwischen den beiden Gewindeteilen. Es wird auch davon gesprochen, dass die beiden Teile »verschmelzen« würden. Vor dem Anziehen sollte man also ein wenig Kupfer- oder Keramikpaste auf die Gewindegänge auftragen. Dann aber nicht mit aller Gewalt Schraube oder Mutter anziehen. Denn das Gleitmittel wirkt auch dann reibungsmindernd. Somit »knallt« man sich dann beim Anziehen das Gewinde kaputt.
Somit: Herzlich willkommen zu meinem wirklich ernsthaften Problem mit dem Remus Genesis.
Das Innenleben ist aus Edelstahl, die eigentlich abnehmbare beziehungsweise verschiebbare Halterung ist aus Edelstahl und die beiden Schrauben sind auch aus Edelstahl.
Was bei der Demontage ziemlich schnell klar war: »Nach fest kommt ab«. Fest waren die Schrauben schon.
Beide Schrauben sind daher abgerissen. Mit normalem Werkzeug haben sie sich auch nicht mehr lösen lassen, da musste eine andere Lösung her.
Edelstahlschraube in Edelstahlgewinde fest? Wo ist die Flex. Alternativ: Wo ist ein Stück Edelstahl, ein Schweißgerät und eine große Zange?
Kein Vorwurf dem beziehungsweise den Vorbesitzer(n) gegenüber. Wer den Pott montiert hat, richtet ihn eben so ein das er zu seiner Maschine passt. Niemand plant für die zweite, dritte oder gar vierte Hand.
Auf dem nächsten Bild kann man gut erkennen was mir schon gereicht hätte: 1–2 mm, vielleicht 3 mm in den Langlöchern hätte ich fahren müssen. Dann hätte der Auspuff auch so gepasst.
Nun ja, man kann nicht alles haben. So habe ich dann eben Probleme statt einem einfach zu montierendem Pott bekommen. Die Probleme haben sich dann zudem auch noch erweitert.
Die Lösung: Edelstahlschrauben kaufen, an die abgerissenen Schrauben schweißen und schon hat man Stehbolzen. Nicht ganz schön aber die Reste der Schrauben herausbohren und neue Gewinde schneiden war nicht wirklich eine Option.
Für 20 Euro pro Kilo werden Edelstahlschrauben, -muttern und -Schlagschrauben verkauft. Zwei M8 A2-70 bitteschön... Oder besser vier. Man weiß ja nie. Dazu noch ein paar U-Scheiben aus Edelstahl und Muttern aus Edelstahl. Das sollte klappen.
Beim Schweißen hat sich dann herausgestellt, dass der 100%-Edelstahlauspuff wohl nicht zu 100% aus Edelstahl besteht. Die dekorative Hülle um das Innenleben ist aus etwas anderem gefertigt. Die Oberfläche war zuvor gereinigt und aufgerauht worden. Leider hat das keinen Erfolg beim Schweißen gebracht.
Mutmaßlich aus Titan, denn es ließ sich nicht mit den Edelstahlschrauben verschweißen sondern ist erst abgeplatzt und dann auch weggebrannt. Daher wurde aus den runden Löchern mehr und mehr ein »doppeltes Lochunikat«. So einen Auspuff gibt es kein zweites Mal.
Was noch für Titan spricht wäre, dass es nicht magnetisch ist und auch sehr hart. Aluminium scheidet also aus. Falls es die Titan-Variante ist (wovon ich ausgehe) habe ich wohl einen Endschalldämpfer für 700 bis 800 Euro (mit kleinen Mängeln) zum Schnäppchenpreis bekommen. Beim Revolution kostet die Variante aus Edelstahl (Hülle) 130 Euro mehr als die Aluvariante. Die Titanvariante schlägt mit 310 Euro heftig zu (755 Euro als Verkaufspreis). Holla die Waldfee.
Noch ein weiteres Bild der ehemals runden Löcher, nun nach und nach mittels mehreren kleinen Schweißvorgängen »aufgefüllt« damit die Edelstahlschrauben festgeschweißt werden konnten.
Ein paar Schweißdurchläufe später sitzen zwei der Schrauben sicher und fest auf den abgebrochenen Schraubenresten. Am Rande sei nochmals angemerkt: Ich kann nicht schweißen. Ich hätte den Remus wohl sonst wieder verkauft und wäre weiter mit dem Original herumgefahren (oder hätte mir eine Alternative gesucht).
Eine mögliche Alternative: Storm SLIP-ON OVAL in Edelstahl, welcher für 289,00 Euro gelistet ist[2], aber gerne für 199,00 Euro angeboten wird[3]. Storm ist eine Marke von MIVV – sozusagen die Edelstahlvariante des MIVV Oval in Carbon oder Titan. Nur eben günstiger.
Der Storm hat diesen schicken »Edelstahlgurt mit Gummiunterlage«. Das mag nicht jedem gefallen, dafür kann man den Pott problemlos montieren.
Zurück zum Remus Genesis. Die Schrauben wurden »geköpft«, probeweise einfache Stahlmuttern und U-Scheiben aufgelegt und so mit dem Halter schon mal »zur Probe« montiert. Die Langlöcher des Halters mussten ein klein wenig geweitet werden. Durch das Verschweißen der Schrauben war rundherum natürlich etwas mehr Material als zuvor als nur die Schrauben durch die Langlöcher passen mussten.
Aus einer anderen Perspektive sieht man das Problem. Der Halter ist etwas gebogen. Ob das im Laufe der Zeit passiert ist, wegen einem Unfall ist oder aber das so gewollt ist? Das ist unbekannt. Mit Feile und Geduld wurde so lange gearbeitet bis es gepasst hat.
Vom »in 10 Minuten ist der Auspuff montiert« bin ich zu dem Zeitpunkt nur bereits etliche Stunden entfernt gewesen.
Der Remus war deshalb so günstig, weil er nicht mehr der Hübscheste seiner Art war. Am Edelstahlendstück zum Brotkasten hin hatte er Spannungsrisse. Diese waren geschweißt aber nicht geschliffen oder poliert wurden.
Da sowieso schon eifrig am Pott gewerkelt wurde, wurde das nun nachgeholt. Eigentlich eher Kosmetik, denn dank der Blende der R 1150 GS an dieser Stelle sieht man sowieso nichts davon. Aber wenn man sowieso schon dabei ist und Zeit irgendwie auch keine Rolle mehr spielt...
Ist-Stand zum Abend hin: Die Stehbolzen sind dran, beim Edeka noch schnell die neue Ausgabe der ADAC Motorwelt geholt und noch ein alkoholfreies Erdinger. Den Trunk zur Nacht hatte ich mir aber noch nicht verdient.
Der Titanmantel des Remus Genesis hat während der Bearbeitung gelitten. Zu den bereits beim Kauf vorhandenen Kratzern und Flecken sind weitere Kratzer hinzugekommen. So kann das nicht bleiben, da muss noch mal nachgearbeitet werden.
Die Batterie der R 1150 GS wird noch mal über Nacht mit dem Ladegerät gefüttert. Theoretisch wäre sie dann am Morgen startklar für eine Tour – wenn denn nur schon der Remus montiert wäre.
Ihn zu montieren und danach zu Polieren ist aber sinnfrei. Also bleibt er noch neben der Maschine und darf sich auf die nächste Behandlung freuen.
Übermorgen folgt Teil 3 des Remus-Genesis-Anbau-Epos - es wird satiniert werden. Für morgen steht schon ein anderer Beitrag auf dem Programm.
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Datum: | 20.06.2020 |
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