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Ist noch jemand mit 20 Jahre alten Gummileitungen unterwegs?

Ein »Ballon« an der Bremsleitung

Home » Wartung » Bremsen

Als Stammtischweisheit etabliert, in Internetforen immer wieder an die nächste Generation der Fragenden vermittelt: »Bremsleitungen muss man nicht aus­tauschen, das ist nur Geldmacherei der Hersteller«.

Ja, bei den meisten halten die Gummileitungen am Motorrad auch deutlich über die 4 Jahre, welche die meisten Hersteller als Wechselintervall angeben. Aber wenn man bedenkt das die Bremse eine der relevanten Bauteile sind, welche zwischen Fahrvergnügen und Unfall entscheiden können, sollte man auch den Bremsleitungen die nötige Aufmerksamkeit widmen.

Auf den Bildern sieht man Bilder von Bremsleitungen, welche etwa 20 Jahre alt sind. Wieder bestätigt sich, dass Dinge genau so lange funktionieren bis sie kaputt gehen – und keine Minute länger. Der nächste Griff am Bremshebel hätte durchaus der Letzte sein können, zumindest in einer Gefahrensituation.

Bei den Aufnahmen handelt es sich um die Bremsleitung vom Bremssattel vorne rechts einer BMW K 1100 LT mit ABS II.

Blase an der Bremsleitung
Blase an der Bremsleitung
Schiebt man den Kolben zurück, entsteht die Blase
Schiebt man den Kolben zurück, entsteht die Blase


Bei dieser K 1100 LT war auch zerst nichts Außergewöhnliches zu entdecken. Im Zuge der Erneuerung des Lenkkopflagers wurde ich dann aber auch gebeten »Schau dir mal die Bremse an, die ist etwas komisch...«. Hinzugefügt wurde, dass sie schon »einmal nicht mehr aufgemacht« hätte.

Okay, normalerweise stellt sich spätestens dann ein sehr mulmiges Gefühl beim Fahrer ein, oder nicht?

Gleiches Bild am Verteiler: Noch eine Blase
Gleiches Bild am Verteiler: Noch eine Blase
Zieht man am Hebel, erscheint die Blase
Zieht man am Hebel, erscheint die Blase


Mein erster Verdacht ging dann bereits in Richtung der Bremsleitungen. Jedoch erst beim Check der Leichtgängigkeit der Bremskolben fielen die beiden »Ballons« auf.

Die beiden »Blasen« waren dabei auch interessant bezüglich ihres Verhaltens: Beim Zurückdrücken der Bremskolben am Sattel entstand die Blase am Bremssattel, beim Griff in die Bremse plusterte sich die Blase am Verteiler auf.

Unfreiwillig komisch und auch schön reproduzierbar. Wenn der Fahrzeug­eigentümer die Bremsleitungen nur oben an der Pumpe und unten am Sattel kontrolliert hatte, konnte er die Blase am Verteiler gar nicht sehen.

Aufgeschnitten: Die »Blasen-Bremsleitung«
Aufgeschnitten: Die »Blasen-Bremsleitung«
Aufgeschnitten: Die andere alte Bremsleitung
Aufgeschnitten: Die andere alte Bremsleitung


Ich lehne mich jetzt dann mal weit aus dem Fenster und behaupte das der Leitungsquerschnitt an den Stellen mit den Blasen nicht mehr dem entspricht, seinerzeit Herr BMW als zweckmäßigen Querschnitt ausgedacht hatte.

Natürlich wurden alle Leitungen ausgebaut und sind durch Stahlflexleitungen ersetzt worden. Dies ermöglicht aber auch einen Blick in das Innere der Leitungen, welche ich aufgeschnitten habe.

Nun die Erklärung zu den beiden Bildern oben. Auf dem linken Bild sind die Leitungen der linken Seite zu sehen, also der Leitung mit den beiden »Ballons«. Sie sind Nahezu komplett zugequollen. Die innere Schicht wirkt porös, das Druckgewebe wirkt so als wäre es komplett mit Bremsflüssigkeit durchsetzt worden.

Die durchschnittene Leitung auf dem rechten Bild wirkt noch unauffällig. Die Kolben im Bremssattel ließen sich problemlos zurückdrücken. Aber auch hier sieht man, dass der Querschnitt der Leitung bereits verringert ist. Bis zu einem Ausfall dieser Leitung hätte es vermutlich auch nicht mehr lange gedauert. Da die andere Leitung als erste »aufgegeben hat«, wurde die andere Leitung evtl. davon verschont... Zumindest bis jetzt.

Aufgeschnitten: Neue Bremsleitung von BMW
Aufgeschnitten: Neue Bremsleitung von BMW

Jetzt wäre es natürlich super wenn man eine originale, unbenutze Bremsleitung zum Verleich hätte? Kein Problem, damit kann ich dienen. Für das Bild links habe ich eine nagelneue, originalverpackte Bremsleitung von BMW geopfert. Eingebaut hätte ich sie sowieso nicht mehr, sie lag schon über 10 Jahre im Regal herum.


So sollte der Leitungsquerschnitt also eigentlich aussehen: Innen der bremsflüssigkeitsresistente Gummischlauch, darum das Gewebe, welches ein Ausdehenen der Leitung verhindern soll. Die äußere Schicht ist der Mantelschlauch, welcher das Gewebe gegen mechanische Einflüsse von aussen schützt und stützt.

Also: Tut euch selbst und euren Lieben einen Gefallen und tauscht die Bremsleitungen rechtzeitig aus. Rechtzeitig ist nicht, wenn solche »Ballons« zu sehen sind sondern deutlich früher. Gerade Käufer von gebrauchten Motorrädern sollten hier nicht sparen. Wenn die Wartungshistorie unbekannt ist und die Anschlüsse Bremsleitungen wie auf den Bildern oben bereits korrodiert sind: Tauschen. Keine Diskussion. Das Geld ist gut angelegt!


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Datum: 28.06.2016
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