Meine dritte Passknackertagestour dieses Jahr. Diesmal auf dem Programm: Die Schwäbisch-Fränkischen Waldberge zwischen Heilbronn und Obersontheim sowie Waldenburg und Althütte mit einem Abschluss am Albtrauf der Schwäbischen Alb.
Der Anfang ist schon mal gut, denn bei Einkorn begrüßt mich treu dem Wetterbericht ergeben der Sonnenschein mit eindrucksvoll von den Winden zerflederten Wolken. Oder sind es doch Chemtrails? Nein, ich glaube noch an Wolken.
Nach meinem kleinen Märchen zum Beginn des letzten Beitrags[1] bleibe ich diesmal bei der Wahrheit. Also es ist wirklich Frühling.
Man sieht es am Löwenzahn, welcher im schon ordentlich gewachsenen Gras am Straßenrand gelb leuchtet. Zumindest dann, wenn ihn die Sonne schön anstrahlt.
Schnee gibt es nur noch in getauter Form – und das ist auch gut so. Oder doch noch ein Rest vom Regen von vor zwei, drei Tagen? Dann hat er sich aber gut in der Pfütze gehalten.
Die Brunnen in vielen Orten sind bereits schön geschmückt. Die Brauchtums-Neuschöpfung ist vermutlich eine nur knapp über 100 Jahre alte »Tradition«, welche sich von der Fränkischen Schweiz, welche sich immer weiter auszubreiten scheint. Nicht nur Regional sondern auch vom Termin her. Eigentlich sollten sie erst ab Karsamstag so herausgeputzt sein. Das wäre dieses Jahr der 20. April. Es ist aber heute erst der 7. April und so wie es aussieht steht die Dekoration auch schon ein paar Tage in Waldenburg?
Das irgendwie ein Zusammenhang mit Ostern bestehen könnte, verraten die zahlreichen Eier (gelegentlich auch Hasen) in der Dekoration. Also mal wieder ein wenig vermeintlich Tradition welche jedoch den Anblick von so manchem öden Brunnen deutlich verklären.
Wenn es mit meiner geplanten Odenwald/Spessart-Tour in den nächsten Wochen klappen sollte kann ich dort ja mal eruieren ob sie auch so schöne Osterbrunnen haben.
Statt eine Bilderreihe über Osterbrunnen zu machen, berichte ich lieber darüber wie schön die heutige Tagestour mit ihren knapp 500 km war: Schön, einfach schön. Mal abgesehen von den Schildern, welche am Wegesrand häufig zu finden waren. Auf zwei Schilder werde ich gleich eingehen, daher erst noch ein kleines Panorama am Stocksberg:
Dieses Jahr habe ich mir ja vorgenommen weniger die Passknackernachweise in den Vordergrund zu stellen sondern mehr das »was man sonst so sieht« und über was man sich in seinem gelben Helm Gedanken machen kann wenn man unterwegs ist.
Beispielsweise über die Schilder am Wegesrand. »Mann mit Stock und Hut wird von Frau mit Gegenwind verfolgt« beispielsweise. Früher erzählten die Hinweisschilder für Wanderparkplätze noch Geschichten. Vermutlich hatte der Mann mit Hut in seinem Rucksack auch noch mindestens eine Flasche Bier dabei. Wurst und Brot sowieso. Eventuell auch Käse. Bei der Frau mit Gegenwind bin ich mir nicht so sicher ob es ihr den Rock anhebt oder ob sie – völlig unpassend – mit einer Handtasche bewaffnet auf Wanderschaft ist. Immerhin hat sie keine Stöckelschuhe an.
Und wie sieht das auf den neuen Wanderparkplatzschildern aus? Die erzählen eine ganz andere Geschichte: »Mutmaßlicher Taschendieb stellt gehbehindertem Mann mit Stock ein Bein – beide haben keine Haare mehr«. Gut, 1992 wurde das Schild eingeführt, vielleicht wollte man da irgendwie auf aktuell brisante Themen hinweisen? Ich weiß es nicht.
Das alte Schild hatte jedenfalls irgendwie eine lustigere Geschichte.
Auch bis nach Jux hat sich das mit den Osterbrunnen schon verbreitet. Zwar nur ein kleiner Brunnen und nicht so gigantisch geschmückt wie jener in Waldenburg. Aber umso liebevoller und mit Hasen. Denn wir wissen ja alle seit South Park »hippitus hoppitus reus domine« oder war es »hippitus hoppitus deus domine«? In dubio pro reo!
Fast schon eine Tradition: Ein Spezi beim Gashof Löwen. Seit dem Unfreiwilligen Zwischenstopp mit der geplatzten Bremsleitung[2] kehre ich hier gerne freiwillig ein.
Wenn dann auch schon andere Motorradfahrer vor Ort sind und weitere hinzukommen wird es schnell informativ. Was ich heute gelernt habe: »Der Michelin Pilot 5 ist der beste Reifen für die GS!«. Außerdem: »Ein guter Reifen hält maximal 3'000 bis 3'500 km und muss dann neu!«.
Auf die Mitas 07 Dakar angesprochen fasse ich mich kurz: »Wenn ich heute daheim bin hat er 9'000 km runter – vorne wie hinten«. Das massiv vorhandene Restprofil wird gemustert. »3'000 km. Maximal. Ansonsten kann ich keine Kurve damit fahren!«.
Als ich dann noch erzähle das ich eventuell am Ende meiner heutigen Tagestour irgendwo zwischen 500 und 550 km liegen könnte: ».«. Schweigen. Nach einer kurzen Pause fasst sich jemand ein Herz: »Also so viel kann man nicht an einem Tag fahren?«. Doch. Ich kann. Sogar auch mal 700 km. Vom Motorradwanderer mit 16 Bundesländern in 24 Stunden[3] fange ich in der Runde lieber nicht an. Denn ich weiß nicht was für Reifen er auf seiner Versys fährt und ob er sie unterwegs wechseln muss.
Ich bezahle mein Spezi. Die Bedienung muss nachschauen und blättert in der Speisekarte »Macht 3,20 Euro.« – »3,50 – passt so.«.
»Echte Spezis kosten 3,50 Euro. Mit anderen Spezis kann ich keine Kurve fahren, denn es sind keine richtig guten Spezis«. Mit diesem Gedanken im Hirn verabschiede ich mich von der Runde, stopfe meine gelben Stöpsel in die Ohren und ziehe mir mein Buff über die Ohren.
Gerade will ich mich verabschieden, dann wird das AirHawk Kissen entdeckt: »Was ist denn das auf der Sitzbank?«. Ein Kissen. Mit Luft drin. Viel bequemer. »Ich habe keine Probleme mit meinem Hintern« tönt es über den Tisch. Ich schon besonders zum Saisonbeginn. Außerdem werde ich bei 400 km pro Tag und drei Tagen hintereinander auf dem Bock eben zur Memme. Aber das verrate ich nicht.
Ich kann das Sturnrunzeln spüren. Hören kann ich es nicht, ich habe ja schon die Stöpsel im Ohr. »Sowas brauche ich nicht!«. Mag sein. Könnte sich aber auch damit erklären lassen das die 2001er BMW nur 47'000 km runter hat, bei 40'000 km wegen einem defekten Simmerring schon eine neue Kupplung gebraucht hat und meine 87'000 km drauf hat – und ein Sitzkissen mit Luft auf der Sitzbank festgeschnallt ist.
Ich fahre weiter: Stöpsel in den Ohren, Luft unter dem Hintern und nach über 8'000 km noch immer sattem Restprofil bei den beiden mutmaßlich schlechten Pneu auf den Alufelgen.
Diesen Monat muss ich noch mein Review »Ein Jahr mit Mitas E07 Dakar« schreiben. Die 10'000 km sollten sie dann voll haben. Ich werde berichten.
Zeit für eine weitere kurze Rast mit Fotosession. Das Kanapee ist unbewacht und unbesetzt. Also kann ich es gleich mal total sinnvoll für einen Nachweis nutzen.
Radfahrer fahren vorbei. Keiner sagt was. Sie schauen nur. Es will auch keiner mit mir über die richtigen oder falschen Reifen diskutieren. Sie denken sich vermutlich auch nur ihren Teil. Beispielsweise ob ein echtes Radler mindestens 3,50 Euro kostet oder nicht.
Neuwirtshaus (Lichtenberg). Ich falle unangenehm auf. Nachdem ein einsamer Radfahrer vorbeigeradelt ist wende ich. Zwar ist die Landstraße komplett frei und ich kann mir Zeit lassen, trotzdem schlage ich den Lenker komplett nach links ein und schon tönt die Hupe laut los.
Leider ist mein Tankrucksack einen Tick zu breit. Der Radfahrer fühlt sich sofort angesprochen. Als ich nach vorne sehe hat er angehalten und schaut erstaunt in meine Richtung. Ich versuche ihm zu signalisieren das alles in Ordnung ist. »Nein, ich habe dich nicht gemeint. Fahr ruhig weiter« sollen meine Handbewegungen und beide Daumen nach oben signalisieren.
Er kennt keine zwei Daumen nach oben, will umdrehen. Ich kicke gezielt ohne hinzuschauen den Seitenständer der BMW raus und stelle sie darauf ab. Er bleibt stehen. Anscheinend hat er nun verstanden das alles bestens ist.
Ich mache mein Foto und gebe das nächste Ziel ins Navi ein. Anschießend noch ein Panorama denn das Blau beginnt zunehmend einem Grau zu weichen. Ab 16 Uhr könnte Regen kommen. Ich liege gut in der Zeit, es ist erst 13:13 Uhr.
Ein Panorama folgt dem Nächsten. Knapp 20 Minuten später sieht es schon deutlich weniger einladend aus. Also zumindest der Himmel. Aber das wird schon noch halten, ich vertraue dem Wetterbericht voll und ganz.
Vorbei an Backnang, weiter durch an Sulzbach an der Murr und in Bartenbach scharf links abbiegen. Schon geht es wieder den Berg hinauf nach Hohenbrach.
Jetzt komme ich zu den vielen lustigen Schildern am Wegesrand. Irgendjemand hat sich hier eine goldene Nase verdient und es gibt nun kein einziges Schild mehr von wegen »Straßenschäden«. Denn die wurden großzügig überall an den Straßen verteilt.
Ob die Römer so etwas auch hatten? Also Warnschilder vor schlechten Straßenbedingungen? Ich meine hier war ja Grenzgebiet. Von den gepflegten Straßen im römischen Reich verlief hier der scharf gezogene Übergang ins Land der barbarischen Germanen mit ihrer rückständigen Straßenbaukultur.
Hier und dort sind Nachbauten von Wachtürmen des Limes zu bestaunen. Es gibt auch extra Wanderparkplätze dafür (mit der Warnung vor den heimtückischen, beinstellenden Taschendieben).
Wie das wohl früher bei den Römern so war? Saßen die auch draußen vor einer Taverne und haben verdünnten Rotwein getrunken (Spezi gab es ja noch nicht) und dann darüber sinniert ob die Räder von Michelinus mit dem klangvollen Namen »Pilotus V« besser sind als die aus den Händen von den Barbaren stammenden Mitrax Dakarix?
Wir werden es nicht erfahren, schließlich haben sie mangels technischer Errungenschaften keine Videos auf YouTubus hinterlassen können und es gab auch kein Forum Instagramus zum Verbreiten von Bildmaterial.
Die »Idyllische Straße« hat mich wieder. Es geht südwärts. Zwar nicht bis nach Rom aber immerhin stimmt die Richtung. Und bekanntlich führen ja sowieso alle Straßen nach Rom, also die Hufe satteln und los!
Die Sonne will auch wieder mitmischen, vorne wieder deutlich mehr Blau als zuvor, im Rücken die grauen Wolken – und am Straßenrand mal wieder eines der gefühlt 2'391 Schilder von wegen »Straßenschäden«. Nach dem 50. Schild habe ich aufgehört mitzuzählen, vielleicht waren es auch unter 2'000 Schilder und ich habe gerade maßlos übertrieben.
Ich bin inzwischen in der Nähe von Remshalden angekommen. Würde die Sonne schön scheinen wären die blühenden Bäume, das satte Grün der Wiesen und die sich in sattem dunkelgrün abhebenden Hügel am Horizont ein schöner Anblick. Mangels Sonnenschein gibt es das allerdings nur wenn man die Augen schließt und sich diese Szene vorstellt.
Parken ist ein echtes Problem. Hier werden Motorradfahrer diskriminiert. So gesehen ein gutes Argument wieso ich »so ungünstig an der Ausfahrt geparkt« hatte, oder?
Ach ja, Schilder. Da war noch eins. Noch ein Schild am Straßenrand. Und, was wird wohl darauf zu lesen sein? Stimmt: »Straßenschäden«. Sie hatten wohl noch eins übrig?
Aber es gab nicht nur die Hinweise zu den Straßenschäden. Damit es nicht zu eintönig wird kamen zu den gefühlten 2'391 Schildern mit Straßenschäden noch mal etwa 539 Schilder welche vor wild marodierenden Kröten gewarnt haben. Da die Kröten sich allerdings streng an die Sommerzeit halten: Nur zwischen 19 und 6 Uhr sind sie auf den Straßen unterwegs. Garantiert!
Ich hoffe die Rehe rutschen bei ihren Wildwechseln nicht auf den Kröten aus...
Nachweispunkt »Schlatterhöhe«. Der letzte der zwanzig heutigen Nachweise. Macht 71 Nachweise in der Saison 2019, gefahren in drei Tagestouren. Bis jetzt läuft es gut. Ich hoffe das lässt sich so fortsetzen.
Zum Abschluss der Tagestour gab es dann auch noch ein paar vereinzelte Wassertropfen auf Maschine und Fahrer. Aber das war wohl nur damit der Wetterbericht mit seiner Vorhersage bezüglich »Niederschläge möglich« recht behalten sollte.
So... Die Planung für den Odenwald läuft, wünscht der BMW und mir genausoviel Glück mit dem Wetter. Ich freue mich jedenfalls schon auf die Straßen im Odenwald. Letztes Jahr war ich von dem fast ausnahmslos makellosen Fahrbahnbelag mehr als entzückt. Wenn es mich weiter nach Hessen oder Bayern hinein treiben sollte hoffe ich das sie dort auch so schön in die Infrastruktur investiert haben und dort nicht nur viele Osterbrunnen zu entdecken sein werden.
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Datum: | 07.04.2019 |
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Kommentare
Peter M. | https://motorradreiseecuador.hpage.de/
schrieb am 10.04.19 um 09:54 Uhr:
Der typische GS-Fahrer fährt 2500 km im Jahr. Da ist es dann auch egal, wie viele Km der Reifen hält.
Mit einem Reifen, der 3.500 km hält würde ich nicht einmal los fahren... unter 6000 km ist es keine Reise sondern ein Ausflug.
Btw: Die Heidenau K 63/64 halten (bei mir) v. 30000 und h. 20000 km... wenn man auf "Weltreise" ist und der TüV egal... auch über 50000 km.
Oder wie der berühmte Sjaak Lucassen sagte: Ich wechsle die Reifen immer erst, wenn man die Karkasse sieht!
X_FISH | https://www.600ccm.info
schrieb am 10.04.19 um 23:20 Uhr:
Die Farbe der Karkasse muss dort ja auch nicht zur BMW-Jacke und dem BMW-Systemhelm passen, richtig?