Schönstes Motorradwetter: Der Himmel ist blau, die Sonne schafft es Ende September die Quecksilbersäule im Thermometer noch einmal auf über 25°C zu bringen und dann ist auch noch ein Motorradtreffen im Altmühltal. Besser kann es ja fast nicht werden? Stimmt.
Also folge ich einer Einladung und besuche diesmal mit ein wenig kW mehr unter dem Hintern wieder ein Enfield-Treffen. Zuletzt war ich im Juni 2011 beim Sonnwendtreffen in Tirol[1] – noch mit 125 ccm in Form meiner Yamaha YBR 125. Diesmal war die Anfahrt daher ein wenig flotter, insbesondere auf dem kurzen Stück A8.
Also dann: Gepäckbrücke runter, Koffer drauf und schon kann es losgehen. Wobei ganz so einfach war es dann leider doch nicht. Wenn ich natürlich meine ich müsse die Seitenverkleidung auch gleich noch abbauen und das dokumentieren um eine nette Anleitung schreiben zu können, dann verzögert sich die Abfahrt natürlich noch um ein paar zusätzliche Minuten.
Aber alles kein Problem, wäre ich nämlich früher angereist wäre der Zeltplatz verwaist gewesen. Schließlich waren die anderen Fahrer mit ihren Maschinen zur gleichen Zeit auf ihrer Ausfahrt.
Eine gemütlich vor mir herfahrende Enfield hatte ich auch prompt nur wenige Kilometer vom Zeltplatz entfernt. Aber der Fahrer konnte ja nicht ahnen das ich mich ihm hätte anschließen können und winkte mich vorbei.
Nur wenige Meter vom Campingplatz entfernt entdeckte ich wieder eine Enfield und stellte mich daneben um nach dem Zeltplatz zu fragen. Hätte ich sie nicht gesehen wäre mir wohl das Hinweisschild etwa 50 m zuvor aufgefallen und ich wäre gleich am Ziel angekommen.
Tja, das hat man davon wenn man seinen Augen mehr zutraut als seinem Navi. Denn das war natürlich am Lenker montiert und die Hein Gericke streetline GPS Tasche[2] wurde einem ausgedehnten Test unterzogen, welche sie mit einem positiven Eindruck absolviert hat.
Mit meiner Yamaha war ich nicht der einzige Exot unter den wahren Exoten. Auch nicht alltäglich anzutreffende Gespanne mit blau-weißem Logo waren vorhanden. Beeindruckend sind sie spätestens dann wenn man entdeckt »Hey, die Aufkleber auf dem Windschild sind älter als ich selbst«.
Da ich am Freitag noch einem Konzert meiner Ex-Band beiwohnen wollte, konnte ich leider erst am Samstag zum Treffen anreisen. Daher kam ich sozusagen pünktlich nach dem Ende der Ausfahrt auf dem Campingplatz an, die ersten Maschinen waren daher schon für die Abfahrt am Sonntag auf Anhängern reisefertig verzurrt.
Die Schatten wurden immer länger und während die Sonne sich langsam aber sicher ihrem Weg hinter den Horizont hingab konnte ich doch noch ein paar Impressionen einfangen.
Ein wenig deplaziert zwischen den chromglänzenden und eher in gedeckten Farben gehaltenen Enfield fiel meine Yamaha aufgrund ihrer Lackierung doch deutlich aus dem Rahmen – mal wieder.
Weniger wegen ihrer Lackierung, welche mir übrigens gefällt, sondern wegen dem insgesamten Erscheinungsbild sprang eine Maschine einem wirklich ins Auge.
Eine Enfield Baujahr 1932 mit Sitzbrett statt Sitzbank. Der Holzsitz sieht vielleicht nicht bequem aus, aber offensichtlich kann man sich damit auch gut arrangieren. Dies ohne unnötigen Schnickschnack wie Federung hinten, Schalldämpfer zwischen Ausgang vom Endrohr und Motorblock, Kettenabdeckung für den Primärantieb, etc. Das kombiniert mit einem Dieselmotor hat zur Folge, dass man die angebaute Hupe auch nicht wirklich braucht.
Gerade der offene Primärantrieb mit Kettenöler hatte es vielen angetan. Auch mir: Endlich mal Technik zum Anschauen welche sich nicht wie bei vielen modernen Maschinen schüchtern hinter Metall und Plastik verstecken muss.
Dazu noch Diesel im Tank und auch ansonsten wahrlich kompromisslos. Das kann man eigentlich nicht mehr toppen?
Nun gut, ich war wieder mit der Dackelgarage vom österreichischen Heer unterwegs. Bei der Farbe konnte ich noch mithalten. Ein fehlender Zeltboden ist allerdings wirklich kaum weiter beachtenswert. Da macht die Olivgrüne aus Argentinien – von dort wurde sie importiert – deutlich mehr her.
Am Rande bemerkt: »Ja«, ich werde mir ein anständiges Zelt besorgen. Versprochen. Nur bis wann – da möchte ich mich noch nicht festlegen.
Nun aber wieder weg vom minimalistisch-puristischen Anblick zu schönen Augenweiden.
Egal ob Benzin oder Diesel in den Tank gehört. Ebenso unerheblich ob sie nun mit Details lackiert oder einfach nur schlicht schwarz ist: Eine Enfield sieht eben immer richtig nach einem Motorrad aus.
Zwischen den britischen beziehungsweise englischen oder auch indischen Maschinen hat sich ein Hingucker hineingemogelt. Ein »W« auf dem Tank, die Optik mit wenig Plastik und viel Metall und hinten eine Trommelbremsen haben mich zunächst ein wenig irritierend dreinblicken lassen.
Mal kurz beim der Person neben mir nachgefragt und schon hatte ich die Antwort »Na, das ist eine Kawasaki W 800 – hast du bisher noch keine gesehen?«. Nein, hatte ich nicht. Und somit definitiv bisher auch etwas verpasst.
Reingelegt hat sie mich gleich zwei Mal: Erst einmal konnte ich »Kawasaki« erst lesen als ich die Sitzbank von hinten gesehen habe. Das hätte dann schon mal die Frage nach dem Hersteller erübrigt.
Das zweite mal beim Blick auf die Bremse am vorderen Rad. Auf den ersten Blick habe ich dort auch eine Trommelbremse vermutet, tatsächlich ist natürlich zeitgemäß eine Scheibe verbaut. Aber auch auf dem Bild was ich gemacht habe könnte man sich ein wenig täuschen lassen. Die Nabe ist dafür natürlich ein wenig zu schlank geraten. Aber der erste Eindruck zählt ja – und der ist meiner Meinung nach absolut stimmig. Schade ist aus meiner Sicht nur eins: Wird lange dauern bis man so ein Schmuckstück günstig gebraucht erwerben kann.
Aber natürlich hat nicht nur eine Maschine mit britischer Optik und moderner Technik ihren Reiz. Viel interessanter und lebendiger finde ich persönlich jene Maschinen, welche etwas »zu erzählen« haben.
Maschinen mit Charakter, welche im Laufe ihrer Jahre auch die eine oder andere Schramme abbekommen haben und sie auch stolz tragen dürfen.
»Schonen Sie Bäume und Sträucher, also keine Ballspiele!« – ich muss mir dringend für die nächste Tour beziehungsweise das nächste Treffen noch irgendwo eine praktische Befestigung für ein Holzbrett einfallen lassen. Damit ich dann auch aktiv den Rasen schonen kann ohne zuerst fragend in die Runde blicken zu müssen.
Nach leckerem Essen folgten Gespräche rund um das Motorrad und auch denkbar weit davon entfernt. Ich weiß nun was es sich mit Dieseln als Ackerunkraut auf sich hat und wie man dagegen vorgehen kann beziehungsweise muss. Gerade so was macht meiner Meinung nach ein gutes Treffen aus: Es ist nicht primär wichtig was man für eine Maschine hat, was man daran verändert hat und wie viel dies am Ende gekostet hat, sondern das Leben ansich.
Den Magen mit gegrilltem Fleisch und einer Portion vom leckeren und pikanten Chili con Carne gefüllt schlief ich in meinem Schlafsack in der Dackelgarage relativ zügig ein. Leider nicht schnell genug – mein Zeltnachbar schnarchte defintiv vor mir.
Der Morgen, mal wieder ist alles feucht im Zelt. Allerdings war dies auch schon am Abend so. Die Feuchtigkeit ist eben ein wenig höher wenn man direkt nebender Altmühl kampiert. Aber das gehört beim Camping eben mit dazu, ansonsten könnte man ja daheim bleiben oder wählt eben eine Pension als Übernachtungsmöglichkeit. Außerdem sieht der Tau auf den Grashalmen doch ganz hübsch aus, oder etwa nicht?
Ansonsten war es ein wenig kühl und klamm. Daher war die Entscheidung die Jacke einfach mit in den Schlafsack zu packen sicherlich nicht verkehrt. So blieb sie trocken und wurde auch noch ein wenig angewärmt. Dann lässt es sich schon ein wenig besser (oder zumindest wärmer) über den Zeltplatz spazieren während sich die Sonne nach und nach durch den Dunst kämpft.
Sämtliche Motorräder waren noch immer vom Tau überzogen. Der hat sich somit rund 12 Stunden auf den Motorrädern und auch Zeltinnenwänden – zumindest bei meiner Dackelgarage – gehalten. Es ist dann eben doch schon September beziehungsweise fast Oktober und das macht sich eben bemerkbar.
Aber es ist genau diese morgentliche Stimmung welche ihren ganz eigenen Reiz ausmacht. Es ist noch alles verschlafen-ruhig und friedlich.
Da bleibt auch noch genug Zeit um das eine oder andere Detail an den Maschinen einzufangen. Beispielsweise diese beiden kreativen Lösungen für einen »Bremsenrücksteller«. Per Feder wird die Trommelbremse am Vorderrad wieder zurückgestellt wenn sie dies selbst aus welchen Gründen auch immer nicht mehr bewerkstelligen kann oder will.
Nach dem Frühstück ging es langsam aber sicher an den Zeltabbau und die Trocknung von Zeltblachen und der als Boden verwendeten Plane. Die Sonne hatte ihren Weg durch den Dunst gefunden und so verdunstete das Wasser relativ schnell.
Das ist dann wohl einer der Vorteile einer Dackelgarage: Einfach die Blachen übereinander legen, warten bis eine Seite trocken ist und anschließend die andere Seite trocknen.
Nach einer knappen Stunde waren die beiden Zeltblachen trocken und konnten im Koffer an der XJ 600 S verstaut werden. Ein kleiner Tipp am Rande: Immer den Helmbeutel auf Reisen mitnehmen. Dann krabbelt einem Nachts kein Getier in den Helm. Schnecken haben es übrigens auch nicht geschafft.
Auf dem Zeltplatz wurde es immer leerer. Nach und nach waren die Maschinen bepackt und für die Heimreise bereit. Eine Enfield nach der anderen bahnte sich ihren Weg über die Wiese in Richtung der Landstraße.
Wer jetzt noch nicht war war wurde nun in jedem Fall von den Diesel-Motorrädern geweckt... Während er eventuell über die mutmaßlichen Traktoren am heiligen Sonntag kurz nach dem obligatorischen Kirchgang geschimpft hat.
Der sich leerende Campingplatz hatte natürlich auch so seine Vorteile. Ich konnte nun auch endlich die grüne Diesel-Enfield mit Anhänger und passend gestaltetem Topcase in voller Pracht fotografieren.
Bei der Diesel-Enfield handelt es sich übrigens um eine Royal Enfield Taurus, welche mit einem 325ccm Dieselaggregat bestückt wurde. Der Anhänger stammt aus tschechischer Produktion. Es ist ein PAV-Anhänger, welcher auch stilecht hinter Maschinen von Jawa zu finden ist.
Die Rückfahrt gestaltete sich recht einsam. Die Landstraßen waren über etliche Kilometer völlig leer. Nicht einmal Gegenverkehr war vorhanden. In den diversen Dörfern kam es einem so vor als wären sie unbewohnt – abgesehen von den PKW vor den Garagen und in den Hofeinfahrten.
Für mich aber auch ganz angenehm, dann hat man schon nicht das Gefühl man würde jemanden ausbremsen wenn man gemütlich mit 80-90 km/h über die Landstraße rollt.
Kein Wunder also wenn ich trotz montierten Koffern mal wieder einen Verbrauch von um die 4 Liter auf 100 km mit der XJ 600 S Diversion hatte. Gemütliches Dahingleiten statt gestresst am Griff rechts herum zu reißen.
An der Tankstelle dann auch noch ein amüsantes E10-Erlebnis. An der Zapfsäule hinter mir hält ein blauer Polo 6N. Die Fahrertüre öffnet sich und eine ein wenig ältere Dame steigt aus. Nach einem kurzen Blick auf die Zapfsäule mit ihren vier Sorten (Diesel, Super, Super 10 und Super Plus) wendet sich die Dame vertrauensvoll an den in dunkler Kluft gekleideten Motorradfahrer mit dem lustig-bunten Motorrad.
»Können Sie mir helfen? Wo ist denn Normal?« – »Das gibt es nicht mehr. Sie können jetzt Super oder Super E10 tanken oder auch Super Plus. Ihr Fahrzeug muss für E10 freigegeben sein, das ist aber bei den meisten VW der Fall.«
Es folgt erneut ein ungläubiger Blick auf die Zapfsäule sowie auf die Preistafel. Anshließend: Schweigen. Nach etwa 10 Sekunden noch eine Frage:
»Und was ist billiger?« – »E10.«
Es folgte ein beherzter Griff zur Zapfpistole mit der Aufschrift »E10« und hinein damit in den Tank des Polo 6N.
Aber noch einmal zurück zum Treffen. Danken muss man natürlich den Organisatoren des Treffens. Ich bin ja schon auf so manchem KFZ-bezogenen Treffen gewesen. Aber sowohl die Organisation wie auch das Miteinander bei den Enfield-Fahrerinnen und -Fahrern stellt alles andere in den Schatten. Sehr gerne wieder. Da frage ich mich schon ob ich mir nicht lieber gleich eine Enfield geholt hätte. Bezüglich der von mir bevorzugten Reisegeschwindigkeit (siehe oben) würde sie mit Hatz Diesel ja eigentlich passen. Und ich müsste mich dann auch nicht mehr rechtfertigen das ich E10 in den Tank fülle – schließlich würde ich das dann nicht mehr machen.
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Datum: | 25.09.2011 |
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