Nachdem sich mein letzter Beitrag so sehr mit Ölfiltern beschäftigt hat dachte ich mir ich bringe zur Abwechslung mal etwas anderes als heutigen Beitrag. Es stand die erste kurze Ausfahrt nach dem Ölwechsel an, so gesehen eine Probefahrt – welche ich mit Digicam in der Brusttasche bestritten habe.
Meine Probefahrt führte mich nach Ulm auf den Kuhberg. Dort befindet sich das »Werk XXXII« der Ulmer Bundesfestung: Das Fort Oberer Kuhberg.
Da dort regelmäßig (erster Sonntag im Monat) Führungen veranstaltet werden bietet es sich ja eventuell für Interessierte als Ziel einer Tagestour an. Oder man macht eine Fahrt mit dem PKW zwecks Begehung des von 1848 bis 1857 erbauten Werks. Dann läuft man nicht so wie ich heute dort in Motorradkluft herum und wird seltsam beäugt (aber stets freundlich gegrüßt ).
Da die ehemalige militärische Einrichtung im Fokus ist, kann die BMW auf dem Bild rechts völlig ignoriert werden. Aber sie dient ein wenig als Größenvergleich für den Monierbeobachtungsstand, welcher sich seit 1903/1904 an dieser Stelle befindet. Rechts im Hintergrund ist ein Teil einer Kalksteinmauer der Anlage zu erkennen.
Das Fort selbst befindet sich nun schon über 160 Jahren (seit Fertigstellung) an diesem Platz auf dem Kuhberg in Ulm. Es wird seit etwa Mitte der 1960er Jahre von Ehrenamtlichen Stück für Stück restauriert und soll letztlich wieder in den Zustand von etwa 1903/04 versetzt werden.
Während der Zeit um die Jahrhundertwende von 1899/1900 fanden im Rahmen zweiten Modernisierungsmaßnahmen der Bundesfestung in Ulm deutliche Veränderungen am Fort statt, welche bis heute Bestand haben beziehungsweise aktuell wiederhergestellt werden (sollen). Ausführliche Informationen zu dem Fort und der Historie der Umbauten (und dem Schicksal vom Areal) sind beispielsweise hier[1] zu finden, weiterführende Informationen zur gesamten Bundesfestung beim Förderkreis Bundesfestung Ulm e.V.[2].
Das erste Mal war ich in den 1980er Jahren am Fort Oberer Kuhberg. Eingeprägt hatte sich bei mir das alles wenig einladend wirkte und ich meine mich auch noch daran erinnern zu können das man vor lauter Bäumen und Büschen nicht wirklich viel erkennen konnte.
Mitterweile ist das Fort freigelegt worden. Auf einem Fußweg kann man den gesamten Bau umrunden. Neu für mich: Ausgrabungen an der Stelle, auf welcher sich früher ein kleineres Gebäude befunden hat (erkennt man auf einer Zeichnung, welche ich weiter unten als Foto eingebunden habe).
Aktuell werden laut dem Schild die Schießscharten am Nordturm wiederhergestellt – aber auch am Südturm wird gearbeitet wie man auf dem Bild unten rechts erkennen kann.
Am heutigen Karfreitag wurde nicht gearbeitet. Dafür war der relativ flache Sonnenstand für die Bilder sehr hilfreich, ebenso das die noch vorhandenen Bäume kein Laub tragen.
Farbig stechen die neu verbauten Klinker über den Schießscharten hervor. Ebenso kann man anhand der hellen Farbe vom neu eingesetzten Kalkstein erkennen wo Beschädigungen durch Erosion und Bewuchs behoben wurden.
Wie man auf dem großen Banner lesen kann wird immer samstags am Festungsmuseum Fort Oberer Kuhberg gearbeitet. Das noch viel getan werden kann aber alles seine Zeit und natürlich auch Geld braucht versteht sich von selbst. Ich betone dabei nochmals: »Ehrenamt«!
Der nur noch teilweise erhaltene Zaun wurde 1903 montiert. Er diente als Infanteriezaun der Abwehr von anstürmenden Feinden. Es kam jedoch nie ein Feind, die einzelnen Werke der Bundesfestung Ulm waren nie einem Angriff ausgesetzt für welchen sie ursprünglich konstruiert wurden. Außerdem musste sie nie geschleift werden, was das Schicksal anderer Anlagen nach dem Vertrag von Versailles wurde.
Daher sind viele Teile der ehemaligen Bundesfestung in Ulm noch immer vorhanden. Mal in einem guten, mal in einem weniger guten und leider auch teilweise in völlig desolatem Zustand.
Dem Fort Oberer Kuhberg geht es dabei also noch gut. Hier wird gearbeitet, vor weiterem Verfall bewahrt und wiederhergestellt. Was über 110 Jahre mit einem Infanteriezaun machen können, habe ich auf einigen Bildern festgehalten.
Ich gehe davon aus, dass der Zaun seinerzeit überall an der oberen Kante nicht zum Fort hin gezeigt hat. Der Feind (der niemals kam) sollte aufgehalten und nicht vor den Mauern »eingesperrt« werden. Falls jemand weiß das meine Vermutung falsch ist: Einfach einen Kommentar hinterlassen, dann korrigiere ich meine Vermutung.
Die zunehmende Verwilderung des Areals sorgte dafür, dass auch der Zaun durch Pflanzenwuchs in Mitleidenschaft gezogen wurde. Er ist stark verrostet, es fehlen einige Teile und starke Beschädigungen durch Verformungen (eventuell durch herabfallende Äste?) sind ebenfalls zu erkennen.
Bis zum und während des zweiten Weltkrieg war die Bundesfestung intakt beziehungsweise in militärischer Nutzung (trotz ihres Alters und der offensichtlich militärtechnisch nicht mehr zeitgemäßen Konstruktion). Durch die Bombadierungen von Ulm im Jahr 1944 wurden Teile der Festungsanlage beschädigt. Ein Kinderstreich im September 1944 (Sprengstoff aus einer Bombe herauskratzen und anzünden) sorgte in einem als Lager für Blindgänger und Stabbomben genutzten Werk für schwere Beschädigungen.
Dieses schwer beschädigte Bauwerk (nach dem Krieg sicherlich eine Ruine) wurde in den ersten 10–20 Jahren nach dem zweiten Weltkrieg gemeinsam mit anderen Werken abgebrochen. Diese waren teilweise noch völlig intakt und hatten auch keine Kriegsschäden. Heute trauert man diesen damals intakten Gebäuden teilweise nach, dennoch würden ohne das ehrenamtliche Engagement weitere Teile der noch vorhandenen Anlage verfallen.
Habe ich jetzt schon ein wenig Interesse wecken können? Ja? Dann weiterlesen.
Denkmalschutz – ja, das gibt's also wirklich. Was dabei erreicht wird ist nicht nur anzuschauen sondern kann auch mit einer Führung besichtigt werden.
Die Führung durch das Festungsmuseum findet an jedem 1. Sonntag im Monat statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Ich muss zu meiner Schande gestehen das ich das Angebot noch nie genutzt habe.
Das muss ich 2018 dringend ändern! Es bietet sich auch der »9. Tag der Festung« an, welcher am Sonntag den 03.06.2018 von 10 bis 17 Uhr stattfinden wird. In den Jahren zuvor wurden in mehreren Teilen der ehemaligen Bundesfestung Führungen angeboten. Führungen werden durch fachkundige Personen begleitet, welche dabei die geschichtlichen und baulichen Zusammenhänge der von 1848 bis 1857 erbauten Anlage erklären.
Die Bundesfestung, im speziellen das Fort Oberer Kuhberg diente jedoch nicht nur rein militärischen Zwecken. So wie ich bei meinem Rundgang um das Fort vom Sonnenschein in den Schatten gekommen bin gibt es auch eine Schattenseite in der Nutzung des Forts.
Im März 1933 wurde das Fort vom württembergischen Innenministerium angemietet und ab November des gleichen Jahres ein »Schutzhaftlager« darin errichtet. Schutzhaftlager ist dabei als alternativer, verharmlosender Begriff für die Nutzung als Konzentrationslager zu verstehen. Das Fort Oberer Kuhberg wurde somit als eines der ersten, der sogenannten »frühen« Konzentrationslager des NS-Regimes genutzt. Zum Verständnis: Es war kein Vernichtungslager und wurde im Juni 1935 aufgelöst.
Informationen über die damalige Nutzung und Besuchsmöglichkeiten der KZ-Gedenkstätte Fort Oberer Kuhberg sind auf der DZOK-Website[3] zu finden.
Betont wird, dass das Gelänede seit 1960 unter Denkmalschutz steht. Das Fort ist bis heute im Besitz der Bundesrepublik Deutschland. Sowohl Gelände wie auch und Gebäude blieben von Kriegsschäden und größeren Umbauten in der Nachkriegszeit verschont. Damit sind auch die als KZ genuten Räumlichkeiten erhalten geblieben.
Zum Verständnis: Die politischen Gefangenen wurden nicht in den sichtbaren Gebäudeteilen untergebracht. Das Reduit diente der Verwaltung. Die Gefangenen wurden in den unterirdischen Kasematten-Laufgängen »untergebracht«. Selbst bei der früheren Nutzung des Forts als Kriegsgefangenenlager (1870/71) für französiche Kolonialsoldaten waren diese nicht zur Unterbringung von Menschen verwendet worden.
Was ich zum Verständnis betonen möchte: Das Festungsmuseum Fort Oberer Kuhberg ist die eine Facette, das Dokumentationszentrum beziehungsweise die KZ-Gedenkstätte Fort Oberer Kuhberg sind eine andere Facette.
Die jeweils hinter den Angeboten stehenden Institutionen sind nicht identisch. Daher gilt für die Gedenkstätte auch nicht »erster Sonntag im Monat« sondern aktuell für Einzelbesucher jeden Sonntag von 14–17 Uhr als Öffnungszeit. Die Führung durch die Gedenkstätte findet sonntags ab 14:30 Uhr statt. Der Eintritt beträgt 2 Euro (ermäßig 0,50 Euro) pro Person.
Ich mache mich wieder auf den Weg. Die südliche Flanke des Forts habe ich bisher mit der Kamera festgehalten. Vor dem Eingang zur KZ-Gedenkstätte befindet sich eine kaum zu übersehende Stele aus rostigem Metall mit Informationstafeln. Es gibt 32 dieser Informationsstelen auf dem 12,5 km langen »Festungsweg«[4], welcher 2009 angelegt wurde.
Auf den Tafeln kann man Informationen zu noch existenten oder mittlerweile verschwunden Teilen der Bundesfestung erhalten. Der Festungsweg ist für eine mehrtägige Exkursion gedacht. Alles an einem Tag abzugehen wäre sehr sportlich aber entspricht nicht die Intension wofür man ihn angelegt hat. Wer also alles sehen und lesen will sollte sich mehrere Tage in Ulm aufhalten (wollen).
Wie man auf dem (orangefarbenen) Bild der ursprünglichen Anlage erkennen konnte, waren sowohl die Türme wie auch die umlaufende Mauer früher höher. Die Türme wurden um eine Etage zurückgebaut damit sie aus der Ferne nicht mehr so einfach zu erkennen waren (damals war die Luftverschmutzung noch deutlich geringer, das Ulmer Münster selbst daher »noch sauber und hell« und der weiße Kalkstein der Türme war sicherlich auf auf größere Distanz auch gut sichtbar (und sie gaben damit ein gutes Ziel ab).
Während die Südflanke optisch gut erhalten scheint (bis auf die teilweise wiederhergestellte beziehungsweise oben mit einer Metallabdeckung gegen Verfall geschützte gekürzte Mauer) sieht die Nordflanke deutlich vom Zahn der Zeit mitgenommen aus.
Erhaltungs- und Renovierungsarbeiten (Wiederherstellung des alten Zustands) sind im Gange. So wurde beispielsweise das Dach des Nordturms abgedichtet und wieder mit Erde bedeckt – so wie es 1903/04 der Fall war. Wer sich über die Arbeiten an den Schießscharten informieren will (inklusive Bilder vom Zustand vor der Restaurierung) kann dies hier[5] tun.
Das eifrig weitergearbeitet wird ist auch am Zustand des Bodens zu erkennen: Schweres Gerät wurde hier bewegt. Dennoch bin ich mit meinen Motorradstiefeln durch den leicht matschigen Untergrund gestapft um noch ein paar Bilder zu machen.
Ein altes Tor (von 1903?) lehnt an der Contrescarpe (Außenwand des Grabens). Große Steinblöcke und auch kleine Steine liegen sortiert für die Weiterverarbeitung bereit. Ich bin schon gespannt wie sich die Nordflanke samt Turm in einem Jahr präsentieren werden.
Was gemacht wird kann auch auf einer Informationstafel nachgelesen werden. Wer dafür nicht extra nach Ulm fahren möchte kann dies auch durch anklicken der nächsten drei Bilder erledigen.
An den Zustand der im blauen Kasten erwähnten Schrebergärten kann ich mich noch erinnern. Der Text umschreibt noch recht harmlos wie es dort ausgesehen hat – zumindest meiner Meinung nach.
Irritiert hatte mich der neu angelegte (beziehungsweise restaurierte) Bereich oberhalb des gedeckten Wegs. Wieso liegen da so viele Steine auf der Böschung? Der grüne Kasten klärte mich auf: Das ist das Zauneidechsenhabitat.
Hinter der künstlichen Böschung liegt das sanft abfallende Glacis. Der Gegner hatte damals keine Bäume (oder Schrebergärtenhüttenschwarzbauten) als Deckung. Ein klein wenig kann man dies auch heute noch erahnen. Auf dem vor Blicken und Beschuss geschützten (also Deckung gebenden) »gedeckten Weg« konnte man sich hinter der Böschung bewegen. Jetzt dürfen sich hier Eidechsen ansiedeln.
Damit wäre ich am Ende meines heutigen Beitrags angekommen. Mal etwas anders als meine sonst üblichen Beiträge (irgendwo PVC-Poster in die Kamera halten oder Ölfilter zersägen ). Ich hoffe der/die Eine hat bis zum Schluss durchgehalten und konnte mit Text und Bild etwas anfangen.
Zum Abschluss noch ein Hinweis wieso ich normalerweise mindestens zwei, drei Mal pro Jahr diese Stelle in Ulm aufsuche: Man kann bei gutem Wetter einen schönen Blick auf die Alpen haben. Ja, man sieht von Ulm aus bis nach Österreich und in die Schweiz – zumindest sieht man die Berge.
Meine kleine Digicam hat es jedoch leider nicht geschafft, der Kontrast war zu schwach. Wenn man das linke Bild mittels anklicken vergrößert kann man zumindest einen kleinen Teil vom Gipfelpanorama der Alpen erahnen. Auf dem rechten Bild zum Abschluss noch mal die BMW, welche mit dem heutigen Beitrag eigentlich so gar nichts zu tun hat.
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Datum: | 30.03.2018 |
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