Die Abdeckplane von der BMW herunterziehen, einen davon überraschten Grashüpfer von der Sitzbank ins nahegelegene Gebüsch bringen und anschließend auf der Sitzbank Platz nehmen.
Rechts die Bremse betätigen, links mit der Hand die Kupplung ziehen und mit dem Fuß den Seitenständer einklappen. Wird sie nach zwei Monaten Standzeit sofort anspringen? Ich drücke den kleinen, roten Knopf – und der Boxer fängt mit der Arbeit an. Nein, das mit den zwei Monaten ist kein Fehler. Ich war wirklich zuletzt im Juli mit dem Motorrad unterwegs. Danach ging es erst wegen der lieben Arbeit nicht – und pünktlich zum Jahresurlaub hat mich dann eine Sommergrippe erwischt.
Inzwischen sind die Blätter bunt geworden und liegen teilweise auch recht emotionslos am Boden herum. Insbesondere dann, wenn sie von der letzten Nacht noch feucht sind und auf der ebenso feuchten Straße kleben. Wer jetzt noch unterwegs ist: Passt in den Waldpassagen mit den Laubbäumen auf, es könnte glitschig werden!
Der nicht abziehen wollende Nebel, die abgeernteten Felder sowie hier und dort feilgebotene Kürbisse lassen keinen Zweifel aufkommen: Ja, es ist Herbst!
Nicht nur im Kalender sondern auch gefühlt. Die Feuchtigkeit kriecht einen in den Kragen wenn man das Halstuch ein wenig nachlässig behandelt und nicht 100% korrekt in den Kragen gestopft hat. Trotz allem mag ich die Jahreszeit. Sofern es nicht regnet oder man durch dicken Nebel fahren muss ist alles im grünen Bereich.
Bis zum importierten Kostümfest namens »Halloween« sind es noch exakt fünf Wochen, die Kürbisernte wird aber trotzdem schon an diversen unbeaufsichtigten Verkaufsständen angeboten.
Wie gut Warnwesten funktionieren konnte ich dank der Kürbisse mehrfach feststellen.
Denn die meist orangefarbenen Kürbisgewächse leuchteten neben den Straßen so, dass man sie gar nicht übersehen konnte.
Als erste Tagestour nach meiner unfreiwilligen Pause habe ich mir für heute nicht viel vorgenommen. Sollte es mir zu kalt werden oder ich mich irgendwie »unfit« fühlen wäre ein Abbruch einfach möglich gewesen.
Vielleicht war es gerade das Wissen um die Möglichkeit zum Abbruch, welche mich dann die ganze Strecke hat fahren lassen. Rund 250 km in knapp fünf Stunden sind es dann am Ende geworden.
Der erste Zwischenstopp war das Aufsuchen einer Tankstelle. Die Anfahrt verlief relativ entspannt, denn ich stand prompt nach den ersten 10 Kilometern in zähfließenden Verkehr und konnte so eifrig die feilfühlige Bedienung von Kupplung und Gas üben.
Für moderate 1,249 € pro Liter E10 wurde der Tank der BMW befüllt, der letzte Tankvorgang vor zwei Monaten fand noch in Österreich statt. Heute lagen die Ziele quasi direkt vor meiner Haustüre, denn in den nordöstlichen Gebieten der Schwäbischen Alb hatte ich mir noch einige Passknackernachweise aufgehoben.
Die Nachweispunkte hatte ich mir bewusst aufgespart um sie »mal zum Saisonende gemütlich anfahren zu können«. Tja, der September hört gerade langsam aber sicher auf und wie viele schöne Tage es noch in Oktober und November geben wird, das ist noch nicht bekannt.
Während sich am gestrigen Sonntag bei rund 25°C sicherlich wieder Horden von Motorradfahrer über die Straßen bewegt haben war am heutigen Montag bei etwa 12°C alles friedlich. Entspannt die kleinen Straßen fahren, sich nicht hetzen lassen müssen. So mag ich das.
Die Nachweispunkte »Königseiche« und »Goldboden« waren zügig angefahren und erst wenn man den üblichen »Tanz ums Motorrad« aufführt kommen auch andere Verkehrsteilnehmer vorbei.
Laut Wetterbericht sollte es im oberen Donautal heute deutlich schöner werden, 18°C und Sonnenschein... Aber dorthin fahre ich fast zwei Stunden lang. 8( Daher dann doch lieber die teilweise selbst um 13 Uhr noch von der letzten Nacht nicht getrockneten Straßen befahren.
Auf den meisten Bildern sieht der Himmel fast weiß aus. Dies liegt jedoch am verzweifelten Versuch vom Smartphone den Weißabgleich einigermaßen gebacken zu bekommen. Tatsächlich war es eine Vielzahl an Grautönen, welche mich begleitet hat.
Vielleicht liegt es mit an der trüben, herbstlichen Stimmung, aber es kommt mir alles irgendwie angenehm »entschleunigt« vor. Wobei man die Äpfel nun wirklich langsam mal abernten sollte?
Unterschiedliche Sorten werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten reif. Das habe ich vor vielen, vielen Jahren mal in der Schule gelernt. Aber so wie die Felder aussehen, könnte man hier mal aktiv werden? Bin ja nur Laie, ich »pflücke« meine Äpfel immer gegen Bargeld bei Händlern.
Wer ein wenig mehr Bargeld dabei hat, kann sich auch einen Winteraudi »pflücken«. In schwarz nicht ganz so auffällig wie Kürbisse aber ebenso am Straßenrand zu finden.
Die Kontaktdaten des Käufers habe ich zur Sicherheit mal entfernt. Nicht das da jemand in ein paar Monaten (oder Jahren) aus Jux anruft. Wobei das Gefährt definitiv einen neuen (oder gebrauchten) Kotflügel braucht. Was sonst noch zu machen ist? Keine Ahnung. Aber der Innenraum sah so aus als hätte jemand alle Fenster offen gehabt – und dann wurde die Schleifmaschine angeworfen.
Man kann es auf den Bildern nur erahnen, aber das Interieur war beziehungsweise ist in eine feine bräunlich-orangefarbene Schicht Staub gehüllt. Vielleicht der kläglich gescheierte Versuch ihn als Kürbis zu tarnen?
Der Wanderparkplatz »Roter Stich« liegt nicht mehr im Bereich der Schwäbischen Alb. Ebenso sind die »Buocher Höhe« und »Plattenhardt« (Filderstadt) schon zu weit im Norden gelegen.
Trotzdem habe ich auch diese Punkte angefahren, schließlich komme ich sonst vermutlich dieses Jahr nicht mehr in diese Ecken. Wobei noch eine Fahrt an einem Wochenende nach Wüstenrot ansteht. Mit »Eumel«[1] wollte ich im Rems-Murr-Kreis und Kreis Heilbronn ein paar Passknackernachweise einfahren. Ja, genau dort wo mir letztes Jahr die Bremsleitung den Dienst quittiert hat[2].
Die Nachweispunkte kannte ich noch vom letzten Jahr, trotzdem kamen mir heute die Strecken zwischen den jeweiligen Punkten irgendwie länger vor? Vielleicht weil wir damals zu zweit gefahren sind und man alleine irgendwie mehr die Landschaft bewundert – sofern irgendetwas davon zu sehen war?
Egal ob »Buocher Höhe« oder »Aichwald«: Der graue Himmel über dem neongelben Helm blieb sich selbst treu. Gut, dann schwitzt man auch nicht. Die Griffheizung konnte ich trotzdem ausgeschaltet lassen, so kalt war es dann auch nicht.
Was natürlich irgendwie passieren muss: Da fährt man etliche Kilometer am Stück ohne das man Gegenverkehr hat oder direkt hinter einem ein ungeduldiger PKW am Auspuff schnüffelt. Aber genau dann, wenn ich beim Nachweispunkt »Jägerhaus / Dulkhäusle« abbiegen und parken will, dann hängt ein Kleinwagen hintendran und der Fahrer ist total überrascht das ich genau da anhalten will.
Der Stuttgarter Fernsehturm ist vom »Dulkhäusle« in Esslingen nur rund 11 km Entfernt (Luftlinie). Zu sehen war er trotzdem nicht wirklich. Ich habe zwar gelaubt einen Umriss in einer anderen Grauschattierung wahrnehmen zu können, aber vielleicht war das auch nur Wunschdenken?
Durch Esslingen hindurch, wie immer mit viel Verkehr, ging es anschließend über die A8 und B27 zum nächsten Nachweispunkt »Plattenhardt«. Zwar kann man sich einige Kilometer einsparen wenn man via Neuhausen auf den Fildern und Sielmingen fährt, aber bei meinem letzten Versuch so zu fahren habe ich für die kürzere Strecke fast 40 Minuten benötigt. Da sind die 30 Minuten über die Autobahn doch etwas schneller und einfacher zu fahren.
Die L 1250 von Neuffen in Richtung Hülben ist als »Neuffener Steige« vielen Motorradfahrern bekannt. War sie doch bis 1984 eine Rennstrecke (nicht nur für Motorräder), wurde sie nach einem tödlichen Unfall als Rennstrecke nicht weiter genutzt. Dennoch wurde sie gerade an Wochenenden und Feiertagen nun als inoffizielle Rennstrecke missbraucht, immer wieder kommt es daher auch zu leichten und leider auch schweren Motorradunfällen – auch wegen Wildwechsel und sicherlich auch wegen dem teilweise suboptimalen Zustand der Fahrbahnoberfläche.
Derzeit besteht vom 01.04. bis 31.10. an Samstagen, Sonn- und Feiertagen für einspurige Kraftfahrzeuge ein Fahrverbot von Neuffen in Richtung Hülben. Genau diese Route bin ich gefahren – völlig entspannt einem VW Golf hinterher. Oben angekommen musste ich dann feststellen, dass sie nun anscheinend in der Gegenrichtung komplett für einspurige Kraftfahrzeuge gesperrt wurde? So interpretiere ich jedenfalls ein Schild auf der L250 zwischen Hülben und Grabenstetten. Daheim am Rechner konnte ich dazu keine Informationen finden.
Zu was ich auch keine Informationen habe: Wie lange hält eigentlich der Aufkleber auf dem HAG der BMW R 1150 GS? Zufälligerweise stand nur einen Steinwurf vom Nachweispunkt »Hohenneuffen« eine weitere BMW auf dem Parkplatz. Ein Blick auf den Tacho: Demnach ist das gute Stück nur rund 34'000 km bewegt worden. Der Gesamtzustand des mutmaßlich etwa gleich alten Gefährts (gleiche Ausführung bei den Bremssätteln) ließ die Laufleistung glaubhaft erscheinen.
Bei meiner R 1150 GS mit mittlerweile rund 71'000 km löst sich langsam aber sicher seit dem Kauf im letzten Jahr der Aufkleber ab. Wem geht das noch so? Bei wem ist er schon abgefallen?
Zurück zum eigentlichen Thema. Natürlich liegt der Nachweispunkt »Hülben (Flugplatz)« wieder im Gebiet der Schwäbischen Alb und auch die Burg Hohenneuffen und der Nachweispunkt »Alte Steige (Erkenbrechtsweiler)« befindet sich dort.
Die Anfahrt aus Filderstadt war mit zwei Umleitungen garniert gewesen, dafür waren die Straßen frei und abgesehen von einem landwirtschaftlichen Nutzfahrzeug, welches leider den Dreck vom Acker auf die Fahrbahn mitgenommen hatte, war absolut nichts los.
Am Nachweispunkt »Schlatterhöhe« sah es für einen kurzen Moment so aus, als würde die Sonne über den Hochnebel siegen können. Aber schon wenige Augenblicke später wurde es wieder dunkler, mit hinuntergeklapptem Kinnteil und ging es auf den Weg zum letzten Nachweispunkt für heute: »Breitenstein«.
Das Sonnenvisier hatte ich bislang auch nicht einmal herunterfahren müssen. Damit sollte sich auch bis zum letzten der vierzehn heute angefahrenen Nachweispunkte nichts ändern.
Da klingt es fast schon wie Hohn wenn ich nun schreiben kann »und auf den letzten Kilometern war sie dann doch noch da, die Sonne«.
Ungelogen: Während ich in Gedanken schon fast daheim bin, die letzten Kilometer mich spontan entscheide noch via Neidlingen über den Lämmerbuckel zu fahren, kommt tatsächlich noch die Sonne zum Vorschein!
Na, wenn das Wetter sich dann auch noch mal aufrafft, dann fahre ich auch noch den kleinen Bogen und mache noch eine Aufnahme von der Großbaustelle an der A8 zwischen Hohenstadt und Merklingen. So war jedenfalls mein Plan, welcher dann an der Streckensperrung nach Machtolsheim scheitern sollte.
Wenn ich beim Lesen der Berichte richtig aufgepasst habe, stammt der Berg an Abraum aus dem Steinbühltunnel, welcher 4847 m lang werden soll (laut Planung). Somit ist das da auf dem Bild kein ElDorado für die Besitzer von Cross- und Enduromaschinen, sondern für den Abtransport bis an die A8 geförderter Abraum aus dem Tunnelbau.
Zum Abschluss des heutigen Berichts noch ein Bild mit genau dem Übel, mit welchem ich heute bei keinem der Nachweisbilder kämpfen musste: Gegenlicht.
Wer meine Bilder kennt, kennt mein Problem diesbezüglich. Ich scheine ein Magnet für Gegenlicht zu sein.
Für Morgen ist dann auch erst mal wieder ein Ruhetag angedacht. Laut Wetterbericht soll dann der Südwesten von Regenschauern heimgesucht werden. Keine Ideale Voraussetzung für eine Motorradtour in diese Region. Bei Regen kenn ich die Ecke schon gut genug, denn den hatte ich schließlich letztes Jahr bei meiner Heimfahrt aus dem Schwarzwald quasi ohne Unterlass.
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Datum: | 26.09.2016 |
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