Der Wetterbericht hatte recht: Schönstes Wetter (bei prognostizierten 6–8°C auf der Schwäbischen Alb) und trockene sowie überwiegend rollsplittfreie Straßen. Was sollte einen da vom Motorradfahren abhalten? Richtig: Nichts!
Also die dicken Klamotten aus dem Schrank geholt, denn mit Mohawk Hose mit Textilfutter[1] und der guten, alten Jacke von Hein Gericke (ebenfalls dick gefüttert) kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen. Die Daytonas[2] an den Füßen sind ebenfalls warm genug. Das Schlauchtuch von Buff mit Windstopper[3] hält den Wind vom Hals ab und dabei auch angenehm warm.
Batterie vom Ladegerät abklemmen und einbauen, anschließend direkt zur Tankstelle und den Reifendruck prüfen. Mit im Gepäck natürlich die beiden gestern vorgestellten Nachweis»poster« für die Passknacker[4]. Schon am ersten Nachweispunkt sollten sich aber die befürchteten Probleme mit der Lösung im Kreditkartenformat einstellen: Entweder ist die Karte scharf oder der Hintergrund. Beides zusammen geht leider nicht ganz so einfach mit der Digitalkamera, welche ich heute mit dabei hatte (oder liegt doch am langhaarigen Typ, welcher die Kamera in den Händen hielt).
Also zurück zu Plan A, dem Klassiker: Das kleine Stativ mit Kugelkopf ausgepackt, die EOS 1000D draufgeschraubt und dann mit dem 10-Sekunden-Timer das Nachweisbild[5] »fotograpixelt«. Das Ministativ von Cullman gibt es inzwischen sogar mit einer Halterung für Smartphones – macht aber nur dann Sinn, wenn man auch ein Smartphone auf dem Motorrad dabei hat und nicht wie ich mit kleinem Barrenmobiltelefon und großer Digicam reist.
Leider hatte ich mit den Aufnahmen zur Mittagszeit nicht viel Glück. Anstatt das sie genau mittig vom Himmel strahlt, steht sie Anfang März selbst um kurz nach 13 Uhr doch noch relativ flach über dem Horizont. Daher leider auch die langen Schatten beziehungsweise die Aufnahme bei Gegenlicht.
Dafür leuchtet dann der Helm in der Reflexion auf dem Tank ganz nett. Jedoch bringt das alles nichts, wenn der nächste Wegpunkt im Wald liegt und zusätzlich auch noch Gegenlicht hinzukommt.
Der – übrigens 2015 neu hinzugefügte – Wegpunkt »Friedenslinde« zwischen Altsteußlingen und Munderkingen ist aber auch ein wenig ungünstig für das Nachweisbild: Dunkles Schild an dunklem Baum... Aber dafür kann man die Äste wunderbar mit dem in der Datenbank hinterlegten Beispielbild vergleichen.
Hätte man das Bild mit der Sonne im Rücken machen können, wäre es viel, viel freundlicher geworden. So habe ich eben für den Nachweis das Schild mit dem »Friedenslinde«-Schriftzug separat fotografiert und dann zum Einreichen ins dunkle Bild integriert.
Die »live view«-Funktion meiner Canon sollte sich übrigens als praktisch erweisen: Einfach damit die Kamera ausrichten, anschließend zurück in die Automatik wechseln und den Selbsauslöser nutzen. Dann entstehen auch solche Bilder wie am Nachweispunkt »Sonderbucher Steige«. Um Punkt 14 Uhr hatte ich dort das Kreuz am Straßenrand in Form des Nachweisbildes festhalten können. Im Gegensatz zum letzten Jahr wusste ich diesmal, wo ich es zu suchen hatte. Außerdem hatte ich auch mein gutes, altes Navi mit dabei.
In beziehungsweise bei Upflamör dann wieder das gleiche Spiel: Zunächst mit »live view« anvisieren, dann schnell mit dem PVC-Plakat vor die Linse rennen und warten bis der Timer die Aufnahme auslöst.
Dabei hätte ich es heute schon den ganzen Tag viel, viel einfacher haben können: Das Plakat einfach am Topcase einklemmen beziehungsweise festklemmen, schon hat man das (fast) perfekte Nachweisbild.
Bei der nächsten Passknackeraktion fahre ich dann einfach mit zwei, drei Wäscheklammern im Gepäck. Damit hält das Nachweisposter sicher und Fest am Topcase und die Aufnahmen sind auch gleich erledigt.
Ohne Wäscheklammern ging es jetzt auch. Allerdings artete es schon ein wenig in eine Bastelstunde aus. Damit man sich vorstellen kann wie das für die Einheimischen ausgesehen hat, welche auf ihrem Samstagsspaziergang an mir vorbeigewandert sind, habe ich die »Bastelstunde« einfach nachgestellt.
Die Fahrt nach Upflamör ging dieses mal leider nicht über die schöne Straße mit dem malerischen Motiven. Die kleine Straße mit den rechts und links aufragenden Steinwänden war leider gesperrt. Daher blieb nur die Anfahrt (und Rückfahrt) über die gut ausgebaute Straße, welche sonst vermutlich nur vom landwirtschaftlichen Nutzverkehr befahren wird.
Zum Glück waren die zur Verfügung stehenden Straßen schnee- und eisfrei – trotz »Salzlosem Winterdienst«. Während auf den teilweise im Schatten gelegenen Wiesen und Äckern noch der letzte Schnee der Sonne trotzte, konnten die schmalen Straßen gut befahren werden.
Auch der berühmt-berüchtigte Rollsplitt war nicht (mehr) vorhanden. Sehr angenehm zu fahren, zumal mir auf der ganzen Strecke nur ein einziger Traktor entgegen gekommen ist. Dem kann man dann völlig entspannt am Straßenrand ausweichen und lässt ihn eben vorbeiziehen.
Während man dann so am Wegesrand steht und die Sonne ausnahmsweise mal im Rücken hat (bisher führten mich die Wegpunkte stets in Richtung Westen), sieht man auch was man vergessen hat: Die Spiegel hätte ich auch noch putzen können beziehungsweise sollen. Das war mir vor lauter Bremsen- und Lichtcheck vor der Abfahrt entgangen.
Aber sowas ist ja nur eine Kleinigkeit, welche sich dank dem stets im Topcase mitgeführten Päckchen Taschentücher schnell beheben lässt.
Nicht ganz so einfach wie die Spiegelreinigung mit Taschentüchern sollte sich die Anfahrt zum Wegpunkt »Bussen« gestalten. In der Saison 2014 hatte ich ihn wegen des Wetters zwei Mal ausgelassen. Daher wollte ich ihn dieses Jahr gleich zu Anfang »abhaken«. Tja... Die Anfahrt sollte wohl schon das Omen dafür sein, was später folgen sollte...
Weil jemand mit seinem »Familienvan« das Schild von wegen »Gesperrt, kein Winterdienst« zugeparkt hatte, führte mich mein Navi an einem Wanderparkplatz vorbei in den Wald. Dort hatte ich dann nach einer Kurve plötzlich nur noch eine ca. 30 cm breite »Fahrrinne« im Schnee.
Zum Glück sollte nach etwa 100 Metern eine Kreuzung folgen, dort konnte ich dann das Motorrad abstellen und später auch wenden. Die Zeit für drei Bilder habe ich mir trotzdem genommen.
Wer sich jemals gefragt hat wieso man bei der Ausbildung zum Motorradführerschein auch möglichst gerade in einer schmalen Spur fahren können muss: Das war dann wohl heute genau eine solche Situation. Den Blick auf ein imaginäres, entferntes Ziel und nicht direkt vor das Vorderrad, dann klappt es auch mit der sturzfreien Fahrt.
Mein Navi blieb jedoch hartnäckig. Auch wenn ich zunächst noch den Hinweisschilder zum »Bussen« nachgefahren bin, führte es mich zielstrebig vor das nächste Schild von wegen »Kein Winterdienst«.
Diesmal jedoch keine Experimente, sondern eben für noch ein Bild angehalten. Während ich an meiner Digicam herumgenetelt habe, zogen mal eben zwei mutmaßlich ortsansässige mit ihren PKW äußerst flott an mir vorbei den Berg hinauf. Mit vier Rädern fällt man ja auch nicht so schnell um... Und damit sind wir dann aufh schon fast beim »unschönen Ende«.
Denn der für heute geplante letzte Wegpunkt ist wohl auch für die nächsten Wochen der letzte Wegpunkt gewesen, den ich mit der GSF 1200 anfahren könnte. Doch eins nach dem anderen. Wenn man den Hinweisschildern folgt (weiße Schrift auf braunem Grund), wird man problemlos zum Parkplatz geführt. Am Ortsschild, welches beim Pässeknacken auch als Nachweis hätte dienen können, wollte ich nicht anhalten. Mehrere PKW hinter mir, diverse Radfahrer und Spaziergänger ebenfalls auf dem Weg – da bremse ich nicht direkt am Ortsschild bis zum Stillstand ab.
Stattdessen wollte ich als Nachweis ein Bild mit der Pfarrkirche St. Johannes Baptist auf dem Bussen mit dem Motorrad im Vordergrund schießen. Hätte ich doch einfach gewendet und noch einmal das Ortsschild angesteuert.
Ich stelle meine GSF 1200 einfach an die relativ steile Straße. Auf der Garagenabfahrt steht sie auch nicht viel anders. Allerdings ist dort nie das passiert, was heute eben passiert ist.
Sie stand sicherlich schon etwas unnormal am Hang. Aber nach dem Absteigen habe ich noch einmal sicherheitshalber an Lenker und Maschine gewackelt. Eben ob sie sicher steht. Für mich sah es stabil aus. Also gehe ich mal ein paar Schritte vom Motorrad weg um zu schauen, ob ich Kirche, Motorrad und das Schild für den Nachweis auf ein Bild bekommen kann. Nachdem ich etwa fünf Meter von der Maschine entfernt bin, scheppert es auch schon hinter mir – »Bitte lass es ein Fahrrad gewesen sein!« denke ich mir noch.
Nein, es war kein Fahrrad. Als ich mich umdrehe liegt die GSF auf der linken Seite.
Bis ich den Helm abgesetzt habe, sind auch schon mehrere Spaziergänger da, zwei bieten mir sofort ihre Hilfe an. Der Gang ist noch immer eingelegt, daher hat sie sich sicherlich nicht einfach so verselbständigt und wollte den Hang hinunterrollen.
Kurze Kontrolle: Der Motor ist noch dicht, es läuft nichts aus. Immerhin also nicht auch das noch. Dafür ist der Kellermann Lenkerendenblinker abgebrochen, der Kupplungsgriff ist völlig verbogen und hat auch im Tank eingeschlagen.
Zu dritt lassen wir die Maschine zur gegenüberliegenden Straßenseite rollen. Dort bietet mir dann noch einer der Helfer an, er wohne nicht weit weg. Dort könnten wir – wenn nötig – auch noch den Lenker tauschen oder er packt die Maschine hinten in seinen Bus und fährt mich damit nach Hause. Mir bleibt erst mal die Spucke weg bei so viel Hilfsbereitschaft.
Er würde jedoch noch seinen Spaziergang abschließen wollen. Ich erhalte eine Handynummer unter welche ich mich einfach melden soll, wenn ich festsitzen würde.
Ich bin noch immer etwas baff, kann mich nochmals für die angebotene Hilfe bedanken, da ist er auch schon weitergezogen.
Ich habe nun Zeit den Schaden genauer zu begutachten: Der Lenker sitzt offensichtlich nicht so wie er soll. Ist er sogar leicht verbogen? Vor meinem geistigen Auge sehe ich schon die Rechnung für den nächsten Einkauf: Kupplungshebel, Lenkerendenblinker und Lenker müssen definitiv neu? Die Lagerböcke der Lenkerhalterung muss ich auch kontrollieren. Sie sitzen noch fest, aber der Bock auf der linken seite sitzt nicht mehr so wie er soll. Entweder haben die Gummipuffer dort jetzt ihren Job bis zu erledigt und sich komprimieren lassen, oder kommt womöglich die obere Gabelbrücke auch noch dazu? Ich schaue noch einmal nach: Ne, da sieht alles eigentlich intakt aus.
Bevor ich jetzt den ADAC anrufe oder sonst etwas mache, atme ich erst einmal durch. Mal eben noch das Nachweisfoto geschossen, was indirekt ja für die Misere verantwortlich ist. Okay, ich hätte sie nicht so abstellen sollen, also mein Problem, nicht das vom Nachweisbild.
Kann ich mit der GSF noch nach Hause fahren? Erst einmal ein paar Testmeter rollen lassen: Die Lenkung geht, auch wenn der linke Griff nun eine deutlich tiefere Position hat. Auch Kurven zu fahren ist möglich. Der Lenkeranschlag hat auch nichts abbekommen. Nach dem dritten Startversuch läuft der Motor wieder.
Also fahre ich nach Hause... Ganz gemütlich und vorsichtig. Ich glaube mit meiner 125er war ich vor Jahren deutlich entspannter und auch schneller auf der B311 unterwegs.
Daheim angekommen noch mal in aller Ruhe Begutachtung und noch weitere Bilder.
Der Kupplungshebel sieht eigentlich gar nicht so schlimm aus, ist aber deutlich verbogen (nach unten und zum Lenker hin). Nicht ganz so deutlich: Die Beschädigung oben (!) an der »Kugel«.
Offensichtlich schlimmer erwischt hat es den Kellermann Lenkerendenblinker. Dessen Innenleben aus Messing (?) ist abgebrochen. Ein Teil steckt noch im Lenkerende, das andere im Lenkerendenende – oder wie nennt man das abgebrochene Teil aus Edelstahl?
Relativ gut überstanden hat es der Spiegel samt Halterung. Natürlich hat die Rückseite vom Spiegel auch deutliche Kratzer abbekommen, aber zu meiner Überraschung ist das Glas des Spiegels intakt geblieben.
Der Frust sitzt tief und noch bevor ich die Bilder bearbeitet und diesen Text hier geschrieben habe, war schon das entsprechende »ich melde mich dann mal nach der ersten Ausfahrt 2015 gleich wieder ab«-Posting verfasst und online gestellt.
Morgen begutachte ich den Lenker beziehungsweise die Lagerböcke genauer. Ich habe ja schon Mut zugesprochen bekommen: Der Lenker von ABM (Modell 0230) besteht aus einem Aluminiumrohr mit 22 mm Außendurchmesser unf 5 mm Wandstärke. Der verbiegt sich bei einem Umfaller nicht sofort. vermutlich müsse ich »nur« die Lagerböcke neu einstellen, dann »wird das schon wieder«. Na, dann hoffe ich einfach mal. Ein neuer Lenker würde zwar »nur« 50 Euro kosten, aber die Armaturen umbauen, Löcher für eben diese Armaturen bohren, etc. – ich wollte doch fahren und nicht schrauben. )
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Datum: | 07.03.2015 |
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