Das Internet ist in Aufruhr. Täglich. Aktuell sind sogar trotz Winterpause die Motorradfahrer aufgeregt. Zumindest jene, welche den B SZ 196 erworben haben und nun schon seit Anfang Januar 2023 immer wieder auf diversen Informationskanälen lesen dürfen »Anerkennung von B196 auch im Ausland noch im ersten Quartal 2023« oder »Gesetzesänderung: 2023 mit B196 ins europäische Ausland«.
Mancher Beitrag hinter den mit dicken Lettern angepriesenen Neuigkeiten relativiert dann wieder, andere nicht. Ein Beispiel für eine vorsichtige Formulierung wäre: »mit der 4. Führerscheinrichtlinie könnte es sich ändern das bisher nur national geltende Regelungen zukünftig auch EU-weit anerkannt werden«. Tatsächlich nicht verkehrt, denn wenn »könnte« und »anerkannt werden« tatsächlich zutreffen »würde«, wären Fahrten mit einer 125er über die Landesgrenzen von Deutschland hinaus möglich.
Über die »Ausweitung der Klasse B« mit der Schlüsselzahl 196 habe ich bereits am 21. Dezember 2019 ausführlich geschrieben[1]. Der Beitrag ist so noch immer aktuell, Mindestalter 25 Jahre und 5 Jahre im Besitz des PKW-Führerscheins Klasse B als Voraussetzung sind noch immer unverändert.
Ebenfalls gleichgeblieben ist die Definition der Schlüsselzahl 196: » Im Inland Krafträder (auch mit Beiwagen) mit einem Hubraum von bis zu 125 cm3, einer Motorleistung von nicht mehr als 11 kW, bei denen das Verhältnis der Leistung zum Gewicht 0,1 kW/kg nicht übersteigt.«
Was soll sich jetzt also geändert haben? Manche Seiten und somit auch Facebook- und sonstige Postings in den sozialen Medien berichten bereits davon, dass die 4. Führerscheinrichtlinie »beschlossen« wurde. Fakt ist jedoch, dass sie aktuell noch weit davon entfernt ist. Aktuell läuft die »Frist für Rückmeldungen«, welche vom 1. März 2023 bis zum 16. Mai 2023 (Mitternacht Brüsseler Zeit) läuft.
Richtig ist, dass es bereits Vorschläge und sogenannte »Folgenabschätzungen« gibt.
Nicht richtig ist, dass »Ende März 2023« bereits alles »beschlossen« ist. Aber genau das wird gerade im Kreis herum auf diversen Websites und eben in den sozialen Medien gebetsmühlenartig verbreitet.
»Viel Chaos und Verwirrung« ist in der Unterüberschrift zu lesen. Dies habe ich bewusst gewählt, denn abgesehen von den beliebten Öl- und Reifenthreads zoffen sich die Motorradfahrer (und natürlich auch Dosentreiber) selten so sehr wie über die angeblich bereits schon zum Monatsende kommenden »neuen Gesetze« in Deutschland.
Was die meisten Beiträge bezüglich des B SZ 196 gemeinsam haben: sie beziehen sich alle auf eine Meldung vom ADAC auf deren Website vom 09.01.2023, 14:30 Uhr[2].
Liest man diesen Beitrag (und die sich darauf beziehenden Meldungen) kann man tatsächlich den Eindruck bekommen, dass es noch dieses Jahr, vielleicht sogar in wenigen Monaten oder Wochen bereits losgeht. Die Realität sieht aber anders aus.
Vereinfacht dargestellt wie es tatsächlich weitergehen wird: diverse nationale Interessen werden diskutiert. Deutschland ist beispielsweise mit der Anhebung der Klasse B von 3,5 auf 4,2 Tonnen mit dabei, ebenso wäre eine europaweite Anerkennung vom B17 (bislang nur bilateral mit Österreich existent) gewünscht. Der LKW-Führerschein soll ab 18 und vielleicht sogar begleitet unter 18 möglich werden, begründet wird dies auch mit dem Nachwuchsmangel bei den LKW-Fahrern. Jedoch landen nicht alle Themen die im Vorfeld erwartet wurden auch im Entwurf.
Ein Entwurf ist wie der Name es schon vermuten lässt kein Beschluss und auch kein Inkrafttreten.
Da die aktuelle »Rückmeldungsphase« erst im Mai 2023 endet, die Ergebnisse dann anschließend von der Europäischen Kommission zusammengefasst und schließlich dem Europäischen Parlament und dem Rat vorgelegt. Diese Ergebnisse fließen dann und auch wirlich erst dann in die Gesetzgebungsdebatte ein. Oder anders geaagt: ich bin sehr davon überzeugt das sich Besitzer vom B SZ 196 vom Wunsch verabschieden können von Deutschland aus nach Frankreich oder Italien fahren zu dürfen.
Bis jetzt wurde weder auf EU-Ebene noch von der Legislative in Deutschland irgendetwas verabschiedet. Das am 31. März 2023 plötzlich neue Regeln in Deutschland gelten ist unmöglich und nicht nur unwahrscheinlich da der Prozess der Gesetzgebung noch nicht mal auf EU-Ebene abgeschlossen ist.
Wer sich etwas anschauen möchte (auf englisch) kann dies in Form des »Vorschlags für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über den Führerschein und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2022/2561 des Europäischen Parlaments und des Rates, der Verordnung (EU) 2018/1724 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates Rates und der Verordnung (EU) Nr. 383/2012 der Kommission« vom 1. März 2023 tun. Der Link[3] dazu ist unten in den Fußnoten zu finden.
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Datum: | 09.03.2023 |
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