LED Rückleuchten, Blinker, Nebelscheinwerfer, etc. sind schick, keine Frage. Was aber wenn eine LED ausfällt? Kann man die betroffene Leuchte einfach öffnen und die LED wechseln? Aktueller Stand: in der Regel geht das nicht. Oder anders gesagt: funktionieren die LED in der Leuchte nicht mehr, muss die ganze Einheit getauscht werden.
Das ist weder nachhaltig noch sonderlich günstig. Das LED-Rücklicht meiner Tiger 800 kostet beispielsweise 143,85 € (inkl. 19% MwSt. zzgl. Versandkosten) in Deutschland.
Warum darf man nicht einfach eine einzelne LED tauschen? So wie man sonst ja auch einzelne Leuchtmittel tauschen darf?
Zunächst mal muss der Defekt ja nicht in der LED als Leuchtmittel selbst liegen. Eventuell ist es eine kalte Lötstelle oder eine defekte Leiterbahn.
Wo man das eventuell schon mal auf der Straße gesehen hat? Gut zu erkennen ist ein solcher Defekt bei einigen alten VW Passat bei denen das Rück- oder Bremslicht auch als (schlechte) Discobeleuchtung durchgehen könnte.
Oder man hängt die Rückleuchte einfach an anderen Orten auf, welche gerne ihre Werbung mit einer roten Beleuchtung... Ich schweife ab.
Bleiben wir beim Rücklicht der Tiger und dessen angestammten Einsatzzweck. Wenn ich mich nicht verzählt habe sind 14 LED für Brems- und Rücklicht verbaut, dazu kommen auf der Unterseite noch mal drei SMD-LED für die Kennzeichenbeleuchtung.
Wenn Rück- und Bremslicht in LED ausgeführt sind, muss die Kennzeichenbeleuchtung auch mit LED gelöst sein? Nicht zwangsläufig, aber im Falle der Tiger 800 trifft es zu.
Wenn die drei LED für die Kennzeichenbeleuchtung nicht leuchten, sieht man sie gleich deutlich besser:
Noch einmal die LED-Kennzeichenbeleuchtung (noch besser zu erkennen):
Also alles in LED ausgeführt. Wie kann man die Rückleuchte reparieren wenn irgendwann mal eine LED ausfällt oder es zu einem Wackelkontakt kommt? Die Antwort lautet: »Gar nicht!«.
Das findet sich in den ECE-Regelungen. Beispielsweise in: »Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Kraftfahrzeugscheinwerfer für symmetrisches Abblendlicht und/oder Fernlicht, die mit Glühlampen, Gasentladungs-Lichtquellen oder LED-Modulen ausgerüstet sind« (ECE Regelung Nr. 113)[1]:
Der gleiche Text findet sich auch in Anhang 11 zur ECE-R 98.
Gesprochen wird von »manipulationssicheren LED-Modulen« und »austauschbaren LED-Modulen«. Warum ich mir gerade diesen Teil rauspicke obwohl er nur mit Scheinwerfern zu tun hat? Das liegt daran, dass in der ECE-R 7 (für Rückleuchten) folgendes steht:
Es wird also zwischen »Lichtquellenmodulen« und »auswechselbaren Glühlampen« unterschieden. Die Definition von »Lichtquellenmodul«:
Quelle: »Regelung Nr. 48 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE) — Einheitliche Bedingungen für die Genehmigung der Fahrzeuge hinsichtlich des Anbaus der Beleuchtungs- und Lichtsignaleinrichtungen«[2]
Okay, was heißt das alles nun? Zunächst mal heißt es ein »Lichtquellenmodul muss manipulationssicher sein«. Man darf also ein Modul nicht zerlegen oder verändern können. Außerdem soll man es nicht einfach in eine Halterung für ein klassisches Leuchtmittel (aka »Glübirne«) eingesetzt werden können. Was ist aber ein solches Modul?
Schön wäre es, wenn einfach gesteckte Module in einem Rücklicht stecken würden. Dann könnte man das Modul ausstecken, durch ein intaktes Modul ersetzen und dies dann wieder einstecken. Ist aber so nicht vorgesehen und auch in der Produktion natürlich viel, viel aufwändiger.
Da ist es einfacher das komplette Rücklicht so zu konstruieren, dass es nicht mehr geöffnet werden kann. Eine einzelne Trägerplatine für die Lichtfunktionen im Rücklicht ist günstiger in Konstruktion und Produktion als austauschbare LED-Platinen. Außerdem lässt sich das Gehäuse mit den LED-Leuchtmitteln so verschließen, dass keine Feuchtigkeit und Schmutz eindringen können.
Da Triumph für das Rücklicht der Tiger 800 keine separaten Module der Innereien anbietet, darf das Rücklicht nicht repariert werden. Es handelt sich also genau genommen um ein Wegwerfprodukt – mit Neupreis in Höhe von 143,85 €.
Die meisten Leuchten mit LED-Leuchtmitteln – die mir bei Motorrad und PKW begegnet sind – sind so aufgebaut, dass die komplette Einheit nicht zerlegt werden kann. Es wird entweder geklebt oder alternativ mit Mikrowellen oder Hitze verschweißt.
Manche »backen« ihre Scheinwerfer im Backofen damit der Kleber weich wird und sich die Leuchte zerlegen lässt. Vom Hersteller so nicht gedacht und somit auch nicht legal – aber das sind die eingebauten »Angel-Eyes« sowieso nicht, daher ist das ganze Ding nach dem »Backvorgang« nicht mehr legal.
Zurück zum Rücklicht der Tiger 800. Das ist für mich persönlich ein gutes Beispiel wie »Modularisierung« für mehr Kosten beim Kunden sorgt. Hat ja Ford ebenfalls erfolgreich vor einigen Jahren bei Frontscheinwerfern gemacht: früher konnte man die Halterungen separat nachkaufen wenn bei einem Unfall einer gebrochen ist, der Scheinwerfer ansich noch intakt war. Heute ist der Halter direkt am Scheinwerfergehäuse und kann nicht getauscht werden. »Modularisierung« heißt also nicht wie man erwarten könnte »sinvoll Module bilden« sondern »kleinere Einheiten zu einem größeren Modul zusammenfassen damit die Lagerhaltung einfacher wird«. Kostensenkend? Vermutlich nur für den Hersteller, nicht aber für den Kunden.
Wenn ein Modul sich dadurch kennzeichnet, dass man es als »kleinste Einheit« abbauen und austtecken kann, dann ist das komplette Rücklicht der Triumph Tiger 800 »ein Modul«: drei Schrauben und ein Stecker – und ansonsten nicht weiter zu zerlegen.
Es gibt keine Schraube die man herausschrauben könnte. Auch keine Nasen, welche man ausclipsen könnte. Dafür sind solche Klebestellen am Gehäuse zu finden wie auf dem Bild oben.
Da sich keine »Ersatzmodule« im Katalog von Triumph befinden – mal von der kompletten Leuchte abgesehen – kann man also auch kein »Lichtquellenmodul« tauschen. Außer dem kompletten Rücklicht.
Jetzt hat man ein Rücklicht, bei welchem alle LED noch leuchten würden, aber irgendwo ist eine kalte Lötsstelle oder eine Leiterbahn defekt. Das Resultat ist ein Ausfall von einer oder mehreren LED im Rücklicht.
Bei der HU ist ein Ausfall von »lichttechnischen Einrichtungen« seit 2018 ein »erhebicher Mangel (EM)« und führt dazu, dass man die Plakette nicht bekommt weil man die HU nicht bestanden hat. Was ich nicht finden konnte: wie viele LED (eventuell in Prozent) ausfallen dürfen bis ein »EM« vorliegt oder ob bereits eine defekte LED als »EM«. gilt.
Ich habe mir prophylaktisch ein neues beziehungsweise gebrauchtes Rücklicht einer Tiger 800 aus dem Jahr 2014 besorgt. Das bleibt jetzt einfach in seinem Karton im Schrank liegen.
Gut verpackt kam es an, ich habe es über eBay im Shop »teilweise-motorrad«[3]. Gut verpackt (siehe unten), schnell verschickt und der Preis war auch okay. Angeboten werden die Rücklichter für die Tiger 800 für zwischen 25 und 30 Euro (inklusive Versand) in unterschiedlichen Verschleißstadien.
Mein Ersatzrücklicht war an einer 2014er dran, welche nach nur 13'700 km geschlachtet wurde (laut Etikett).
Der Zustand? Bis auf minimale Fingerabdrücke keine Beschädigungen oder sontige Spuren. Offensichtlich wurde die Rückleuchte komplett gereinigt da nicht mal der sonst nach jeder kurzen Fahrt übliche Staub- und Dreckfilm auf der Rückleuchte zu finden war.
Bis ich die Teile am Heck abschrauben muss damit ich das Rücklicht tauschen kann wird hoffentlich noch lange dauern.
Das letzte Bild vom LED-Rücklicht der Tiger 800 zeigt die Leistungsaufnahme: 0,7 bis 2,4 Watt. Vermutlich die 0,7 wenn sie nur als Rücklicht und Kennzeichenleuchte agiert, die 2,4 Watt dann beim Bremsen.
Eure Gedanken zum Thema? Fragen? Oder gar Korrekturen (was ja auch sein kann)? Bitte einfach unten einen Kommentar hinterlassen. Dankeschön.
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Kommentare
schrieb am 07.04.23 um 21:38 Uhr:
Natürlich geht man davon aus daß das reparieren eines LED-lichts wie fast alles verboten ist. Aber wir alle erfahren täglich daß nahmhafte Hersteller heute Scheinwerfer und Rückleuchten bauen die in ihrer Leuchtstärke teilweise maß- und rücksichtslos sind.
Darum ist es meiner Meinung nach vollkommen legitim, LEDs aus Leuchteneinheiten zu ersetzen und sogar die LED-Treiber so zu verändern daß die LEDs eben nicht mehr zerstört werden wenn man weiß was man tut. Für High-Power-LEDs in Frontleuchten gilt eher nicht so schnell zerstört, weil das Problem hier eher unzureichende Kühlung ist. Da hilft manchmal eine Änderung des Trägers wenn möglich eher.
Die "Meisterwerke" der Hersteller sind jedenfalls keinen Deut sicherer und eine dem Original entsprechende Lichtleistung einzustellen ist keine Hexerei und hat bei LED nicht zwangsläufig mit der elektrischen Wirkleistung alleine zu tun. Ich wiederhole, wenn man weiß was man tut. Gute Grundlageninfo gibts z.B. auf led-treiber.de, trotzdem sollten sowas - nichts für ungut - unelektrische Leute vielleicht lieber nicht tun.
Wenn natürlich eine Leuchteneinheit nicht zerstörungsfrei geöffnet werden kann wirds schwierig, im Endeffekt eine Frage von Ausrüstung und Wissen und nicht zuletzt ob man sich die Arbeit antuen will.
Nicht nur bei der Beleuchtung bieten im Übrigen die Hersteller von Zubehör heute oft hochwertigere Ersatzteile an, als die Originale.
Undimmerschönobenbleiben!