Unruhe und Rebellion in der Forenlandschaft. Facebook erbebt und bei den Internetplattformen der öffentlich-rechtlichen Medien machen wütende Bürger ihrem Unmut Luft. Warum? Weil es seit 2006 eigentlich schon bekannt sein könnte... Aber alle erst gestern oder vorgestern davon erfahren haben.
Schon 2014 waren die Umtauschfristen und ein »Stufenplan« Thema im Internet – aber anscheinend nur für all jene, welche mehr oder weniger direkt mit der Thematik »Führerschein« zu tun hatten?
Daher ein paar Zeilen darüber was es mit dem »Zwangsumtausch« der Führerscheine auf sich hat, was der »Stufenplan« ist und wieso der Umtausch eigentlich eine sinnvolle Sache ist.
Hier die Gliederung meines heutigen Beitrags im Kasten:
Diverse Medien haben verkündet, dass der Bundesrat am 15. Februar 2019 (also vorgestern) darüber beraten hat wie ein »Stufenplan« für den vorgeschriebenen Umtausch von alten Führerscheinen in Deutschland aussehen könnte. Dazu wurde vom Verkehrsausschuss der Länderkammer eben dieser Stufenplan vorgelegt.
Eigentlich wirklich keine Neuigkeiten, denn schon 2013 wurde genau dieser Stufenplan in den Medien diskutiert. Aber anscheinend kam das nicht bei jedem an oder wurder mittlerweile schon wieder aus den Hirnwindungen verdrängt.
Wieso so viele darüber überrascht kann ich mir selbst so erklären: Wer sich bislang keine Gedanken über einen Umtasch gemacht hat, der musste sich auch nicht mit der Thematik befassen. Daher ist er jetzt durchaus »überrascht davon betroffen zu sein«.
Eigentlich ist das Thema wirklich ein alter Hut, ein rund 12 Jahre alter Hut sogar: Der Grund für das Ende der vor dem Stichtag 2013 ausgestellten Kartenführerschein und »rosa Lappen« und natürlich auch den »grauen Lappen« ist die EU-Richtlinie 2006/126/EG[1] vom Dezember 2006. Ja, das ist die gleiche Richtlinie in denen auch schon die Führerscheinklasse A2 thematisiert wurde (welche ja für manche auch völlig überraschend kam )[2].
In der EU-Richtlinie 2006/126/EG ist festgehalten, dass alle EU-Mitgliedsstaaten die bis 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheine bis 19. Januar 2033 durch den neuen, bezüglich der Klassen und Benennungen eben dieser harmonisierten EU-Führerschein zu ersetzen haben.
Wohlgemerkt: Es geht beim Umtausch um das Dokument, nicht um die Führerscheinklassen ansich. Es muss also niemand die Prüfung für die Klassen B und BE ablegen wenn er bislang einen Führerschein mit der Klasse 3 besitzt. Ebenso kann man sich nicht »verschlechtern« wenn man einen älteren Führerschein gegen den aktuellen Kartenführerschein eintauscht. Mehr noch: Man verbessert sich genau genommen sogar bei der einen oder anderen Führerscheinklasse.
Damit nicht alle gleichzeitig am 12. Januar 2033 zur jeweils zuständigen Führerscheinstelle rennen um einen neuen Kartenführerschein zu beantragen wurde folgender Stufenplan vorgelegt:
Der Stufenplan
Bis zum 31. Dezember 1998 wurden in Deutschland »Papierführerscheine« ausgestellt. Zunächst in grau, später in rosa. Bei diesen Führerscheinen soll der Tauschtermin vom Geburtsjahr des Inhabers abhängen:
Wer schon einen Kartenführerschein erhalten hat (oder seinen alten »Papierführerschein« freiwillig oder wegen dem Erwerb einer neuen Führerscheinklasse getauscht hat), hat diesen ab dem 1. Januar 1999 bis zum 18. Januar 2013 erhalten. Für diese Kartenführerscheine sollen folgende Umtauschtermine gelten:
Führerscheine im Kartenformat, welche ab dem 19. Januar 2013 ausgestellt wurden haben bereits eine Befristung für die Gültigkeit des Dokuments auf 15 Jahre ab Ausstellungsdatum.
Normals der Hinweis: Es geht um die Gültigkeit des Dokuments, nicht um die Gültigkeit einer der erworbenen Fahrklassen.
Das Hauptargument der vermeintlich Gegängelten: »Jetzt waren die alten Führerscheine teilweise über 50 Jahre lang gültig – und jetzt zwingt mich der böse, böse Staat dazu das Dokument zu tauschen. Oder mit anderen Worten: Der Staat nimmt mir meinen Führerschein weg!«.
Man kann natürlich die Aussage treffen »man nimmt mir etwas weg«. Aber man bekommt ja auch etwas dafür: Einen neuen Führerschein. Die Kosten dafür sind überschaubar: 24,00 Euro. So viel kostet er jedenfalls heute am 17. Februar 2019 – und ich habe für meinen Kartenführerschein vor einigen Jahren auch nicht mehr bezahlt.
Aber wieso macht der Umtausch Sinn? Alleine in Deutschland sind derzeit diverse unterschiedliche Modelle unterwegs (unvollständige Liste):
Je nachdem welche Klassen zu welchem Zeitpunkt erworben wurde (und ob in der BRD oder der DDR oder dem von 1947 bis 1956 im Rahmen der französischen Militärregierung von einem Hochkommissar Frankreichs kontrollierten Saarland) werden sie in unterschiedliche aktuelle Klassen des harmonisierten EU-Führerscheins angepasst. Teilweise darf man sogar mehr Fahrzeuge führen als es im Dokument vermerkt ist – oder zumindest Fahrzeuge mit höherer Leistung oder höherer Höchstgeschwindigkeit.
Was hier eigentlich jedem einleuchten sollte: Durch den Umtausch bekommt niemand etwas weggenommen. Eventuell bekommt er sogar noch etwas dazu – und bei einer Kontrolle im Ausland kann anhand der vermerkten Klassen jeder Polizist erkennen was geführt werden darf und was nicht.
Nur ein Beispiel wo man jetzt »mehr darf als vorher«: Wer in den 1990ern die Klasse »1b« erworben hat darf laut »rosa Lappen« damit ein einspuriges Fahrzeug mit maximal 80 ccm Hubraum und einer Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h bewegen. Natürlich ist das inzwischen hinfällig denn aus dem »1b« wurde der A1 und da sind maximal 125 ccm zulässig und es gibt keine Höchstgeschwindigkeit mehr.
Ein zweites Beispiel: Wer den »1a« erworben hat (einspurige Fahrzeuge bis maximal 20 kW) hat eigentlich nach zwei Jahren die Klasse »1« erhalten. Früher musste man noch die Fahrpraxis nachweisen bevor aus dem »1a« die Klasse »1« wurde. Inzwischen hieß es schon länger »Nachweis der Fahrpraxis nicht erforderlich«, also ging man einfach nach 2 Jahren zur Führerscheinstelle und hat sich einen neuen (Karten)Führerschein ausstellen lassen – mit eingetragener Klasse A statt »A beschränkt« (welcher damals nur zum Führen von einspurigen Fahrzeugen bis 25 kW zulässig war).
Wer nie den »1a« hat umschreiben lassen bekommt jetzt mit dem Kartenführerschein die Klasse »A« eingetragen. Ohne »Nachweis der Fahrpraxis« und auch ohne irgendwelche Prüfungen.
Wer also meckert das er seinen Führerschein nicht zum Umschreiben abgeben will: Wollt ihr dann auch nur das führen dürfen was damals so erlaubt war?
»Die haben sich das mit dem Umtausch nur ausgedacht weil sie damit Geld verdienen wollen!«
Die Aussage hat in einem von mir besuchten Forum ganz viele »Likes« bekommen. Auch bei Facebook geisterte die Aussage herum. Schon spannend was sich manche so im Hirn zusammenreimen und dann als vermeintliche Fakten verbreiten (oder davon überzeugt sind und dann »Likes« verteilen). Vielleicht war ja auch ein wenig Bier oder etwas Hochprozentiges mit im Spiel bevor die Aussage ins Netz gestellt wurde?
Aber ich finde Verschwörungstheorien generell sehr unterhaltsam. Also schmücken wir das noch ein wenig aus: Hinter der EU-Richtlinie 2006/126/EG versteckt sich die total korrupte und höchst kriminelle Vereinigung der »internationalen Kunststoffkartenfabrikanten (IKKF)«, der bekannten chinesischen »PET-Flaschen-Recycling-Mafia (PETFRM)« und natürlich auch der »Geschäftsverband der leitenden Mitarbeiter von Führerscheinstellen (GvdlMvF)«.
IKKF, PETFRM und GvdlMvF haben sich in einer lauen Sommernacht 2001 in der Schweiz an einem nicht näher bekannten Ort getroffen. Beschlossen hatten sie, dass spätestens 2033 ganz, ganz viele Kartenführerscheine produziert werden müssen. Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, musste die EU-Richtlinie 2006/126/EG einen entsprechenden Passus enthalten. Dank Lobbyarbeit, Schmiergelder und natürlich auch dem Einsatz von roher, blutiger Gewalt konnte dieses Ziel schließlich erreicht werden.
Die wirklich Leidtragenden sind jedoch nicht die armen Deutschen Bürger, welche jetzt ihre Führerscheine umtauschen müssen. Betroffen sind die armen Menschen vom sehr bekannten »Zusammenschluss der Produzenten von Papier für Führerscheinen« (ZdPvPfF). Der Sprecher des ZdPvPfF wurde mundtot gemacht – oder habt ihr irgendwo ein Wort davon gelesen das nun traurige Kinderaugen davon Zeugen das den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Führerscheinpapierfabriken massenhaft gekündigt wurde? Natürlich nicht. Obligatorisch daher ein dreifaches »Lügenpresse! Lügenpresse! Lügenpresse!«.
Natürlich hat niemand über diese Wahrheit in den öffentlichen Medien berichtet. Auch nicht der angesehene, überparteiliche und finanziell unabhängig agierende »Lobbyverband multimedialer Arbeiter und Autoren« (LMAA).
Auf dem folgenden Bild sind drei Dinge zu sehen die erneuert werden müssen: Ein Kartenführerschein (2011 ausgestellt), ein »rosa Lappen« (1996 ausgestellt) und im Hintergrund ein fast leeres Weizenglas (kurz vor dem Foto wieder auf dem Tisch abgestellt).
Die Umtauschfristen als Praxisbeispiele:
Der Kartenführerschein wurde 2011 ausgestellt. Er ist nach dem vorgeschlagenen Stufenplan spätestens bis zum bis 19. Januar 2032 umzutauschen.
Der »rosa Lappen« gehört jemand der im Jahr 1978 geboren wurde. Da sich bei den »Papierführerscheinen« der Umtauschtermin nach dem Geburtsjahr richtet ist er spätestens bis zum 19. Januar 2025 umzutauschen
Der Vollständigkeit halber: Das Weizenglas ist im Idealfall umgehend nach dem Austrinken umzutauschen.
Nur am Rande erwähnt (bevor sich wieder irgendwo Theorien ausbreiten und »Likes« bekommen): Natürlich gibt es mit dem Umtausch des Führerscheins auch keine Verlängerung der Probezeit. Wie lange die Probezeit befristet war ist damals im Führerschein vermerkt worden (und schon lange, lange abgelaufen).
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Datum: | 17.02.2019 |
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Kommentare
schrieb am 05.03.19 um 15:50 Uhr:
Fein aufgeschrieben! Den Gag, das ausgerechnet die Saarländer einen eigenen Führerschein haben, kannte ich noch nicht
Ich habe meine "Schweinchenpappe" schon vor einigen Jahren freiwillig umgetauscht. Hauptgrund: Die passte nicht ins Portemonnaie, der neue Kartenführerschein passt dagegen sogar in die Handyhülle. Davon abgesehen fasste sich der rosa Lappen immer irgendwie feucht an, war labbrig und schmuddelig. In einem Wort: Unhygienisch.
schrieb am 05.03.19 um 19:27 Uhr:
Bei meiner »Schweinchenpappe« (schöner Name, kannte ich bislang noch nicht
) hatte ich damals in den frühen 1990ern sehr fortschrittlich eines der ersten »digitalen Fotos« kleben. Man war stolz auf den Fortschritt und die Passbilder wurden nicht mehr mit Film und Fotopapier realisiert sondern aus einem hochmodernen, kleinen (und vermutlich schweineteuren)
»Passbilddrucker« ausgedruckt.

Resultat: Nach knapp 20 Jahren im Geldbeutel hatte sich durch Druck und Wärme der größte Teil vom Bild auf die gegenüberliegende Seite »thermotransferiert« und man konnte bei einer Verkehrskontrolle im Halbdunkel nicht mehr ganz so viel auf dem Bild erkennen.
Wurde dann in der Schweiz in einen Führerausweis umgetauscht und da bekam ich den rosa Lappen leider nicht entwertet zurück. Er musste nach Deutschland geschickt werden und wurde dort vernichtet.